Schulen:Ganz der Vater?

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Eine Berliner Waldorfschule lehnt ein Kind ab, weil dessen Vater für die AfD im Parlament sitzt. An dem Einzelfall hat sich nun eine Debatte entsponnen: Darf ein Kind für die politische Überzeugung der Eltern bestraft werden ?

Von Max Ferstl

Waldorfschulen verfolgen ehrgeizige Ziele: Sie wollen Schulen sein "ohne Auslese" und Diskriminierung. So steht es in der Stuttgarter Erklärung, einer Art Waldorf-Grundgesetz. Alle Schüler und Menschen werden als gleich angesehen - unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion und "politischer oder sonstiger Überzeugung". So sollte es sein. Doch was tun, wenn plötzlich Kinder von Eltern angemeldet werden, die diese Offenheit nicht teilen?

Am Freitag berichtete die Berliner Zeitung, dass die Schule ein Kind abgelehnt hat, weil dessen Vater für die AfD im Abgeordnetenhaus sitzt. Deshalb hätten einige Eltern befürchtet, dass der Politiker den Schulalltag beeinflussen und Unruhe stiften könnte. "Angesichts dieses Konflikts sieht die Schule keine Möglichkeit, das Kind mit der nötigen Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit aufzunehmen", sagte der Geschäftsführer des Berliner Trägervereins.

Um die Rechte des Kindes zu schützen, nennt die Berliner Zeitung weder den Namen des Abgeordneten noch den der Schule. Man habe sich aber "wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auseinandersetzung" für eine Berichterstattung entschieden. Und inzwischen hat sich an dem Einzelfall eine grundsätzliche Debatte entsponnen, im Kern geht es um die Frage: Darf ein Kind bestraft werden für die politische Überzeugung seines Vaters?

Offenbar war die Schule in der Frage gespalten. Während die einen argumentierten, dass ein Kind nicht für seine Eltern bestraft werden dürfe, warnten andere, das Schulklima könnte leiden. Bildungssenatorin Sandra Scheeres teilte mit, sie sehe es "äußerst kritisch", sollte eine Schule bei der Auswahl ihrer Schüler nach der politischen Gesinnung der Eltern entscheiden. Die Senatsschulverwaltung wollte noch am Montag eine Stellungnahme des Schulträgers fordern. Und Henning Kullak-Ublick, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Freien Waldorfschulen, betonte, dass es sich um eine "Einzelentscheidung der Schule" handeln würde, die "nicht die Haltung der Waldorfschulen ausdrückt". Den Fall will er aber nun zum Anlass nehmen, "um sich grundsätzlich Gedanken über unsere Aufnahmepolitik zu machen".

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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