Schule:Alle Kraft in den Lebenslauf

Warum die Nachhilfe so boomt.

Von Ulrike Nimz

Nachhilfe in Deutschland boomt. 87 Euro geben Eltern monatlich für die Förderung ihrer Sprösslinge aus, so eine Bertelsmann-Studie. In einer Zeit, in der vielen allein ein Hochschulabschluss als Eintrittskarte in die Welt der Besserverdienenden gilt, geht es längst nicht mehr darum, das Klassenziel zu erreichen, sondern um den Sprung von der Grundschule aufs Gymnasium, dort um ein Abitur mit Eins vor dem Komma, damit später der Numerus clausus nicht zur Hürde wird. Der Lebenslauf ist ein Wertpapier, und das kann man kaufen. Was man nicht kann, ist Menschen vorwerfen, dass sie in Bildung investieren. Aber wenn dafür nun das Geld fehlt?

Der Vorwurf, das Bildungssystem fördere weniger junge Menschen als soziale Ungleichheit, hält sich hartnäckig. Und die Politik besserte nach: Nachhilfe ist im Bildungspaket für Hartz-IV-Empfänger vorgesehen. Geld gibt es aber nur, wenn "wesentliche Lernziele" gefährdet sind; gemeint ist in der Regel die Versetzung.

Schüler aus einkommensschwachen Familien müssen fehlende Moneten mit Motivation ausgleichen, wenn sie von soliden Leistungen auf sehr gute kommen wollen. Dass zugleich so viele bessergestellte Eltern trotz solider Leistungen ihrer Kinder Nachhilfe nehmen lassen, zeugt von schwindendem Vertrauen in die Schulen. Auch die müssen nachlegen, damit die Arbeit in den Klassen nicht zum Zweiklassenbetrieb verkommt.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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