Schengen-Abkommen:Innenminister der EU einigen sich auf Notfall-Grenzkontrollen

Lesezeit: 1 min

Gedacht ist es als "letzter Ausweg" und als "Notfall-Mechanismus", doch entscheiden dürfen die Staaten nach eigenem Ermessen: Die Innenminister der EU haben eine Reform des Schengen-Abkommens beschlossen. Sie ermöglicht die Wiedereinführung von Grenzkontrollen für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren. Das EU-Parlament hat bereits Widerstand gegen die neuen Regeln angekündigt.

Offene Grenzen - das ist eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Einigung. Zollkontrollen und Schlagbäume wurden nach 1995 sukzessive abgeschafft, die Bürger können sich innerhalb Europas frei bewegen. Kontrolliert wird lediglich an den Außengrenzen.

Schengen-Abkommen heißt die Regelung, die zahlreiche EU-Staaten unterzeichnet haben, benannt nach einem kleinen luxemburgischen Ort an der Mosel im Dreiländereck zwischen Frankreich, Luxemburg und Deutschland.

Doch jetzt könnte es eine Rückkehr in das Zeitalter vor Schengen geben - zumindest zeitweise: Die Innenminister der EU-Länder haben die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Europa beschlossen, wenn sie das Funktionieren des Schengen-Raums bedroht sehen.

Bei ihrem Treffen in Luxemburg verabschiedeten die Innenminister einen Entwurf zur Neufassung des Schengener Abkommens, mit dem sie auf Konfrontationskurs zu Brüssel gehen: Demnach sollen nationale Regierungen weiterhin nach eigenem Ermessen über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen entscheiden dürfen. Die EU-Kommission wollte derartige Beschlüsse vergemeinschaften.

Zudem soll ein "Notfallmechanismus" eingeführt werden, wonach einzelne Mitgliedstaaten als "letzten Ausweg" ihre Grenzen dichtmachen können, falls ein anderer EU-Staat seine Außengrenzen nicht verlässlich kontrolliert.

Diese Maßnahme sollen Mitgliedsstaaten maximal zwei Jahren anwenden können. Auch bei der Dauer scheiterte die Kommission mit ihrem Vorhaben, sich deutlich mehr Mitspracherechte zu sichern. Der Entwurf muss nun mit dem Europäischen Parlament beraten werden, das bereits im Vorfeld Widerstand gegen die absehbare Fassung ankündigte.

Um die Schengen-Reform wird seit Monaten gerungen. Den Anlass lieferte der Arabische Frühling vor einem Jahr, in dessen Folge tausende Flüchtlinge aus Nordafrika auf der Mittelmeerinsel Lampedusa strandeten. Weiter östlich drängen illegale Einwanderer über die löchrige Grenze zwischen der Türkei und Griechenland. Rund 55.000 Menschen wurden vergangenes Jahr beim Versuch aufgegriffen, über diesen Brennpunkt illegal in den Schengen-Raum zu gelangen.

© dapd/AFP/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: