Sauerland-Prozess:Zweiter Angeklagter legt Geständnis ab

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Im Sauerlandprozess gesteht nach Anführer Fritz Gelowicz nun auch der zweite Angeklagte Adem Yilmaz. "Stimmt alles", sagte er bezüglich der verlesenen Anklageschrift.

Im Terrorismusprozess gegen die sogenannte Sauerlandzelle hat nach Anführer Fritz Gelowicz jetzt auch der zweite Angeklagte Adem Yilmaz gestanden.

Adem Yilmaz gesteht, die Anschläge mit geplant zu haben. (Foto: Foto: dpa)

Der 30-Jährige bestätigte vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht, Anschläge auf US-Einrichtungen in Deutschland mit geplant zu haben. "Stimmt alles" sagte er dem Vorsitzenden Richter Ottmar Breidling bezüglich der verlesenen Anklageschrift.

Er schränkte sein Geständnis jedoch ein: So sei bei den erwogenen Anschlägen auf die Flughäfen Dortmund und Düsseldorf nicht geplant gewesen, viele Menschen zu töten. Vielmehr sollte es zu einer "vergleichsweise kleinen Explosion" kommen.

Die Bundesanwaltschaft wirft den vier Angeklagten in dem Prozess vor, mindestens drei verheerende Autobombenanschläge auf US-Bürger und amerikanische Einrichtungen in Deutschland geplant zu haben.

Der Anführer der Gruppe, Fritz Gelowicz bestätigte dies gestern, als er sein Geständnis ablegte: "Hauptziel des Anschlags sollten US-Soldaten in Deutschland werden."

Gruppe hat nicht im Auftrag eines Geheimdienstes gehandelt

Die vier Mitglieder der Sauerland-Terrorgruppe haben nach Darstellung Fritz Gelowicz allerdings nicht im Auftrag eines Geheimdienstes gehandelt. "Ich habe die Tat nicht gemacht, weil ein Geheimdienst es wollte", sagte er vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Es sei auch niemand "vom Geheimdienst ferngesteuert" worden.

Bei der Fortsetzung seines umfassenden Geständnisses bekräftigte Gelowicz, mit seinem mitangeklagten Komplizen Adem Yilmaz die treibende Kraft der Anschlagsvorbereitungen in Deutschland gewesen zu sein. Die beiden anderen Mitangeklagten, Daniel Schneider und Atila Selek, hätten eine untergeordnete Rolle gespielt. "Ich und der Adem standen hinter dieser Operation, Schneider nicht so richtig. Selek ist ausgestiegen, hat aber die Zünder beschafft", sagte Gelowicz.

Keiner von ihnen habe für einen Geheimdienst gearbeitet. Er habe aber gewusst, dass der Türke Mevlüt K., der in die Zünderbeschaffung verstrickt sein soll, über Kontakte zum türkischen Geheimdienst verfügte. K. habe Informationen aus dem Geheimdienst bezogen und seiner Gruppe verraten. "Ich war davon überzeugt, dass er auf unserer Seite war", sagte Gelowicz. Im Nachhinein könne er nicht sagen, ob K. ein doppeltes Spiel gespielt habe.

Der US-Geheimdienst CIA habe allerdings dazu beigetragen, dass er sich dem Dschihad (Heiligen Krieg) verschrieben habe, sagte Gelowicz. Die Entführung und Folterung seines Ulmer Glaubensbruders Khaled el Masri durch die CIA 2004 habe "das Fass zum Überlaufen gebracht". "Die Amerikaner haben den Krieg in meine Moschee getragen", sagte Gelowicz. El Masri habe in Ulm immer drei Meter neben ihm gebetet. Als er nach Monaten der Verschleppung wieder auftauchte, sei er gezeichnet gewesen.

Er habe von diesem Schicksal lange vor der deutschen Öffentlichkeit erfahren. Die CIA habe auch versucht, Atila Selek zu entführen, behauptete Gelowicz. Selek sei den wartenden CIA-Agenten durch den Hinterausgang des Ulmer Polizeipräsidiums knapp entkommen.

Gelowicz stellte sich vor Gericht als tief religiösen Muslim dar: "Ich war und bin überzeugt von meiner Religion", sagte der 29-Jährige. Der 11. September 2001 habe ihn dazu gebracht, sich stärker mit dem Islam zu befassen. Die damaligen Flugzeug-Anschläge in den USA habe er zunächst abgelehnt, später aber befürwortet. Wie er heute zu ihnen stehe, wollte er dem Gericht nicht sagen.

Gelowicz war im Alter von 16 Jahren in Ulm zum Islam konvertiert. Sein Vater sei überzeugter Atheist gewesen, berichtete der Unternehmersohn. Auf die Frage, wie er zur Demokratie stehe, sagte Gelowicz: "Im Islam gibt es klare Regeln. Die werden von Gott bestimmt." Seine Vorstellung vom Dschihad sei die "von Kampf und Krieg" gewesen, sagte Gelowicz.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Ottmar Breidling, ob er in Afghanistan auch auf deutsche Soldaten geschossen hätte, sagte der geständige Islamist: "Darüber habe ich nicht nachgedacht. Es ging mir um die Amerikaner und die Nato." Seinen eigenen Tod hätte er dabei "in Kauf genommen".

© dpa/AP/af/ddp/woja/jhh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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