Sachsen:Noch keine Freunde

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Damit sich Grün zu Schwarz und Rot gesellt, braucht es in Dresden politische Kompromisse. Parteichef Robert Habeck sagt "schwierigste Verhandlungen" voraus - die CDU müsse einige Aussagen kassieren.

Weder mit den Linken noch mit der AfD will die sächsische CDU regieren, das hat Ministerpräsident Michael Kretschmer schon vor der Wahl klargestellt. Für die Zweier-Koalition mit der SPD aber, die seit fünf Jahren in Dresden regiert, reicht es nach den Ergebnissen vom Sonntag nicht mehr. Bleibt nur Schwarz-Rot-Grün. Eine solche Kenia-Koalition, wie es sie bereits im Nachbarland Sachsen-Anhalt und womöglich bald auch in Brandenburg gibt, sei aber nicht der "Optimalfall", sagte Alexander Dierks, Generalsekretär der sächsischen CDU, am Montag in Dresden.

Die Grünen sehen das genauso. Ihr Bundesvorsitzender Robert Habeck sagte "schwierigste Verhandlungen" für die Bildung einer Kenia-Koalition voraus. CDU und Grüne stünden "in eigentlich allen inhaltlichen Positionen gegeneinander". Allerdings gebe es den klaren Auftrag, in Brandenburg und vor allem in Sachsen "eine weltoffene Regierung zu bilden". Nach seiner Roten Linie gefragt, entgegnete Habeck deshalb: "Ein Atomkraftwerk bauen." Er machte deutlich, dass er von der CDU in Gesprächen über eine Koalition Entgegenkommen erwartet. Damit die Gespräche zu einem "guten Ergebnis" kämen, werde die CDU Lehren aus dem Wahlergebnis ziehen und "einige Aussagen kassieren müssen", sagte Habeck. Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte die Grünen im Wahlkampf heftig angegriffen, sie eine "Verbotspartei" genannt und sogar mit der AfD verglichen. Die Grünen warfen Kretschmer im Gegenzug vor, sich zu wenig nach rechts abzugrenzen.

Viele Wähler hätten sich taktisch für die CDU entschieden, um einen noch größeren Rechtsruck zu verhindern

Kretschmers CDU aber wurde wohl auch deshalb stärkste Kraft in Sachsen, weil sie sich als Partei präsentierte, die den Siegeszug der AfD aufhalten kann. Einige Wähler ließen sich davon offenbar überzeugen. Der sächsische SPD-Spitzenkandidat Martin Dulig erklärt so auch das historisch schlechte Abschneiden seiner Partei. Viele Wähler hätten sich taktisch entschieden, um in letzter Minute einen noch größeren Rechtsruck zu verhindern. "Dass wir das jetzt ausbaden mussten, ist tragisch", sagte Dulig.

Mit Graffito und Street Art appellierten Künstler in Dresden in den letzten Tagen an die Wähler. "In der Wut verliert der Mensch seine Intelligenz", steht an einer Hauswand. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Die SPD verlor 4,7 Prozentpunkte und fiel am Sonntag auf 7,7 Prozent. Damit erzielte sie das bundesweit schlechteste Landtagswahlergebnis ihrer Geschichte. Doch auch die CDU hat in einer Wahl mit historisch hoher Beteiligung 7,3 Prozentpunkte verloren. Das würde nur für eine Minderheitsregierung reichen. Die hätte der FDP durchaus gefallen. Mit nur 4,5 Prozent haben die Liberalen den Einzug ins Landesparlament jedoch verpasst.

Es wird kompliziert. Darauf kann man sich am Montag nach der Wahl in Dresden einigen. Ministerpräsident Kretschmer erkennt zwar einen klaren Regierungsauftrag, bittet aber um Geduld. Er rechnet mit einer längeren Phase der Regierungsbildung. Vor einer Wahl sage man, mit wem man regieren möchte, nach der Wahl müsse man mit dem Ergebnis umgehen, sagte Kretschmer. Generalsekretär Dierks sagte, Demokraten sollten bereit sein, um Kompromisse zu ringen.

Das wird die CDU mit den Grünen auch müssen. Diese hatten wiederholt erklärt, dass sie sich einer Koalition mit der CDU nicht verweigern würden. Die sächsische Spitzenkandidatin Katja Meier nannte den Ausbau der erneuerbaren Energien, Gemeinschaftsschulen und steigende Mieten vor allem in Dresden und Leipzig als große Themen - aber auch die Arbeit an einer "neuen politischen Kultur" im Landtag. Die SPD war seit 2004 - bis auf ein fünfjähriges Intermezzo der FDP - durchgehend Koalitionspartner, mit ihr könnte sich die CDU schneller einig werden. Allerdings wäre sie in einer Dreierkoalition nun der kleinste Partner, die Grünen haben besser abgeschnitten.

Stark verloren hat die Linke, sie kam auf 10,4 Prozent, 2014 waren es noch fast 19 gewesen. Trotzdem ist sie drittstärkste Kraft. Nur in der sächsischen Regierung darf sie anders als in anderen ostdeutschen Bundesländern traditionell nicht mitspielen. Nach der Landtagswahl übte die Linke heftige Selbstkritik. Inhaltlich sei die Partei kaum zu den Wählern durchgedrungen, dies müsse aufgearbeitet werden, sagte Landesgeschäftsführer Thomas Dudzak in Dresden.

© SZ vom 03.09.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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