Sachsen:"Erst der Inhalt, dann die Wahl"

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Im Freistaat will die SPD die CDU zu Zugeständnissen zwingen, nachdem Regierungschef Tillich seinen Rückzug angekündigt hat. Die SPD will seinen Nachfolger nur mittragen, wenn die Partei nicht nach rechts tendiert.

Sachsens SPD setzt ihren Koalitionspartner CDU unter Druck. Auf einem Parteitag der Sozialdemokraten in Neukieritzsch bei Leipzig verlangte der Parteivorsitzende und Vize-Regierungschef Martin Dulig am Samstag unter anderem eine Absage der Union an einen Rechtskurs sowie eine andere Finanzpolitik. "Unsere Hand ist ausgestreckt, unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber wir strecken sie nicht für einen Kurs aus, der dieses Land ins rechte Abseits führt", sagte Dulig. Er bezog sich dabei auf Äußerungen von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der noch vor seinem für Dezember angekündigten Rücktritt einen Rechtsschwenk der Union angedeutet hatte. Sein designierter Nachfolger Michael Kretschmer plädierte zwar bei seinem ersten Auftritt nach der Nominierung für "deutsche Werte" und einen starken Rechtsstaat, lehnte aber Zuweisungen wie rechts und links ab und sah sich "mit beiden Beinen fest in der Mitte des politischen Systems" stehen.

Dulig stellte klar, dass die SPD der Wahl Kretschmers nicht bedingungslos zustimmen werde. "Erst der Inhalt, dann die Wahl", formulierte er die Bedingung. Er habe sich mit Kretschmer bereits getroffen. Diesem sei klar, dass seine Wahl kein Selbstläufer ist: "Wir meinen es ernst mit einem neuen Aufbruch und einem neuen Stil." Kretschmer müsse die Chaostage in der CDU beenden und dann mit der SPD einen Fahrplan für die zwei Jahre bis zum Ende der Legislaturperiode verabreden.

Der Staatsabbau und der "gutsherrenartige Stil" der CDU-Machtausübung hätten in Sachsen zu einer Vertrauenskrise geführt. Darunter habe die CDU zwar aktuell am meisten zu leiden. Die SPD sei aber in Gefahr, in Mithaftung genommen zu werden. Das sächsische Wahlergebnis müsse auch von der CDU verarbeitet werden und "kann mit einem Rücktritt allein nicht erledigt sein". Die Frage sei nun, welche inhaltlichen Konsequenzen für die Regierung und die Koalition gezogen werden: "Darüber muss die CDU mit uns sprechen." Bei seiner eigenen Partei ging Dulig vergleichsweise sparsam mit Selbstkritik um. Er warnte seine Genossen davor, jetzt "alles bei der CDU abzuladen". Die sächsische SPD hatte bei der Bundestagswahl 10,5 Prozent der Zweitstimmen erhalten.

© SZ vom 23.10.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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