Sacharow-Preis:Ehrung für den Inhaftierten

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Das Europaparlament ehrt den uigurischen Regierungskritiker Ilham Tohti: Er erhält den Sacharow-Preis.

Von Lea Deuber, Peking

Das Europaparlament ehrt den inhaftierten uigurischen Regierungskritiker Ilham Tohti mit dem Sacharow-Preis. Tohti habe sich für ein besseres Verständnis zwischen Uiguren und Han-Chinesen eingesetzt, sagte Parlamentspräsident David Sassoli am Donnerstag in Straßburg bei der Bekanntgabe der Auszeichnung. Das Europaparlament unterstütze die Arbeit Tohtis und fordere seine sofortige Freilassung. China müsse die Rechte von Minderheiten respektieren.

Der Wirtschaftsprofessor ist einer der bekanntesten Vertreter der muslimischen Minderheit der Uiguren in China. Vor fünf Jahren war er in einem zweitägigen Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit für sein Engagement zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die chinesischen Behörden warfen ihm vor, die Regierung für ihren Umgang mit Minderheiten und Religion unrechtmäßig "angegriffen" zu haben. Er habe die Ursachen von Unruhen "verdreht", "ethnischen Hass" entzündet und damit zum Terrorismus angestiftet.

Tohti kam als 16-Jähriger zum Studium nach Peking und begann dort bald, Aufsätze über die Spannungen in seiner Heimatprovinz zu schreiben. Später gründete er die Webseite "Uighur Online", mit der er einen Raum für Dialog zwischen der muslimischen Minderheit und den Han-Chinesen schaffen wollte. Dort schrieb er auch über die Missstände in der chinesischen Provinz und die Unzufriedenheit der Menschen dort. "Ich habe mich stets nur auf Stift und Papier gestützt, um die Menschenrechte, die gesetzlichen Rechte und die regionalen Autonomierechte für die Uiguren zu verlangen", sagte er in einem seiner letzten Interviews vor der Verhaftung. Auch wenn sich Ilham Tohti gegenüber der chinesischen Regierung immer wieder kritisch geäußert hat, bezeichnete er sich selbst immer als Patrioten, der sein Heimatland liebe.

Das ungewöhnlich harte Urteil im September 2014 gilt heute als der Auftakt zur verschärften Verfolgung der muslimischen Minderheiten in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang. Mindestens eine Million Menschen sollen dort nach Angaben der Vereinten Nationen in Arbeitslagern und ohne Gerichtsverfahren festgehalten werden. Die Zahlen könnten laut Experten aber noch deutlich höher sein.

Zudem geht die Regierung massiv gegen die Gläubigen vor. Jahrhundertealte Moscheen wurden abgerissen, andere stehen unter Beobachtung. Auch Islamunterricht ist weitestgehend verboten. Ebenso das Tragen von religiösen Symbolen wie einem Bart oder einem Kopftuch. Die Organisation Amnesty International spricht von einer der "größten Menschenrechtsverletzungen weltweit". Im Oktober 2016 wurde Tohti bereits mit dem Martin-Ennal-Preis für Verteidiger der Menschenrechte ausgezeichnet.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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