Russlands Regierung tritt zurück:Putins Winkelzüge

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Der scheidende Präsident nominiert Viktor Subkow als Premier - und gibt so Rätsel über seine Nachfolge auf. Eine transparente Demokratie lässt sich dabei nicht erkennen, das ist die bittere Erkenntnis aus Putins undurchsichtiger Personalpolitik.

Frank Nienhuysen

Luxus ist im boomenden Russland wieder zu einem etablierten Begriff geworden. Nun aber hat ihn Präsident Wladimir Putin auch als politische Metapher für sich entdeckt.

Wladimir Putin hat den weitgehend unbekannten Finanzexperten Subkow nominiert. Offenbar hat er Gefallen daran gefunden, der Welt immer wieder Rätsel aufzugeben. (Foto: Foto: AP)

Der Kremlchef leistet sich nämlich den Luxus, eine Regierung zu entlassen, die statistisch die wohl erfolgreichste ist seit den Zeiten geschönter Zahlenspielerei in der sowjetischen Planwirtschaft.

Vor drei Tagen erst wurden die jüngsten Hurra-Meldungen unters Volk gestreut: eine Wachstumsrate von 7,8 Prozent, eine direkte Flugverbindung zwischen Moskau und der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, der deutliche Rückgang der Terrorbedrohung. Eine solche Regierung müsste eigentlich Zukunft haben.

In Russland aber ist manches anders. Putins überraschende Personalrochade zeigt dies wieder einmal. Als alle dachten, er bringe nun wenigstens seinen Günstling Sergej Iwanow für die Präsidentschaftswahl in Stellung, da zauberte Putin einen nahezu unbekannten Finanzexperten namens Viktor Subkow hervor.

Hatte Putin also doch recht, als er ankündigte, bei der Abstimmung im nächsten März handele es sich um eine demokratische Wahl, bei der mehrere Bewerber sich dem Volk stellen? Iwanow und Dmitrij Medwedew, die beiden Vizepremiers - und nun vielleicht auch Subkow, der designierte Regierungschef?

Putin hat offenbar Gefallen daran, der Welt immer wieder Rätsel aufzugeben. Und doch ändert auch Subkows Nominierung nichts daran, dass der Kremlherr seine Nachfolge mit generalstabsmäßigem Aplomb plant.

Politische Kontrolle ist für den Staatschef das vielleicht kostbarste Gut, eine unverzichtbare Säule auf Russlands Weg zu neuer Weltgeltung. Schwer vorstellbar, dass er ausgerechnet die Entscheidung über den kommenden mächtigen Präsidenten den Zufällen einer Volkswahl überlässt.

Zwei Szenarien drängen sich also auf: Der 65-jährige Subkow, wie Iwanow und Medwedew ein alter Petersburger Weggefährte Putins, wird nicht nur Regierungschef, sondern gleichsam für das Präsidentenamt in Stellung gebracht - als schwacher Staatschef, der bald danach wieder abtritt und dem populären Putin doch noch zu einer dritten Amtszeit verhilft. Das wäre ein frecher Zug, der Putins immer wieder vorgetragenes Bekenntnis zu einer echten Demokratie entlarven würde.

Variante zwei: Subkow wird wie schon der scheidende Fradkow ein unauffälliger, technokratischer Premier, aber mit dem Ruf eines Korruptionsbekämpfers ausgestattet, während Iwanow und Medwedew verstärkt im Hintergrund weiter um die beste Position ringen - bis kurz vor der Wahl.

Eine transparente Demokratie lässt sich in all dem nicht erkennen, das ist die bittere Erkenntnis aus Putins undurchsichtiger Personalpolitik - und dies sechs Monate vor der Wahl. Die russische Bevölkerung nimmt den Wechsel stoisch hin. Dass es für sie eine echte Alternative zum gelenkten Regierungssystem geben könnte, erwartet sie ohnehin nicht.

© SZ vom 13.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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