Russland:Worte gegen Taten

Putin predigt die richtigen Maßnahmen, aber in der Praxis handelt er stets dagegen. Alles also nur Propaganda?

Von Julian hans

Russlands Präsident weiß sehr gut, was sein Land braucht. Traditionell trägt Wladimir Putin es in seiner Rede an die Nation vor: Man muss die Abhängigkeit von Energieexporten überwinden und die Wirtschaft diversifizieren. Unternehmer brauchen mehr Freiheit und Rechtssicherheit. Konkurrenz ist auch in der Wissenschaft der Schlüssel zum Erfolg. Staat und Gesellschaft müssen im Dialog stehen, dafür braucht es lebendige Nichtregierungsorganisationen. Isolationismus ist schlecht und Freundschaft besser als Konfrontation.

Diesen Erkenntnissen zum Trotz hat sich Russland unter Putin stetig in die Gegenrichtung entwickelt: Der Anteil von Öl und Gas an den Staatseinnahmen ist gestiegen. Ebenso gestiegen ist der Anteil des Staates an der Wirtschaft: Laut der russischen Antimonopolbehörde kontrolliert der Staat wieder 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Wissenschaft leidet zunehmend unter Versuchen ideologischer Vereinnahmung. NGOs werden als "ausländische Agenten" diffamiert. Gegen das "Bruderland" Ukraine führt Putin einen verdeckten Krieg, und "unsere westlichen Partner" sehen sich Hackerangriffen und übler Propaganda ausgesetzt.

Dieser Widerspruch lässt zwei Schlüsse zu: Entweder Putin steht nicht hinter seinen Worten und seift nur einmal im Jahr die stolze Nation ordentlich ein. Oder er glaubt tatsächlich daran, scheitert aber seit 16 Jahren an der Umsetzung.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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