Russland:Schröder sagt Gazprom ab

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Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 2006 bei Gazprom. (Foto: Dmitry Astakhov/dpa)

Erst Rosnef, jetzt Gazprom. Der Ex-Bundeskanzler verzichtet auf weiteren Aufsichtsratsposten im russischen Energiesektor

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat nach eigenen Angaben keine Absichten, einen Aufsichtsratsposten beim russischen Energieriesen Gazprom zu übernehmen. "Auf die Nominierung in den Aufsichtsrat von Gazprom habe ich schon vor längerer Zeit verzichtet. Dieses habe ich dem Unternehmen auch mitgeteilt", schrieb Schröder am Dienstagabend auf dem Online-Portal "Linkedin". Die Authentizität des Beitrags wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Schröders Umfeld bestätigt.

"Insofern wundere ich mich über heute neu erschienene anderslautende Berichte", schrieb Schröder dort in Reaktion auf einen Bericht der Agentur Reuters, in dem es geheißen hatte, dass Gazprom seine Nominierung bestätigt habe. Die Gazprom-Hauptversammlung ist für den 30. Juni geplant. Öffentlich hatte sich Schröder allerdings bislang noch nicht festgelegt, ob er diesen Aufsichtsratsposten annehmen werde. In seinem einzigen Interview seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hatte Schröder dies gegenüber der New York Times offengelassen.

Wegen seiner Verbindungen nach Russland stand Schröder in den vergangenen Wochen und Monaten massiv in der Kritik. Der Kanzler hatte über die Jahre verschiedene Posten für die russische Energiewirtschaft übernommen: einen Sitz im Aufsichtsrat des Energiekonzerns Rosneft sowie Tätigkeiten für die Gazprom-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2.

Am Freitag hatte Rosneft bekanntgemacht, dass Schröder den Aufsichtsratsposten niederlegt - der Ex-Kanzler habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, seine Amtszeit zu verlängern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Schröder nach dieser Entscheidung aufgefordert, weitere Tätigkeiten für Unternehmen aus Russland einzustellen. Der Bundestag hatte ihm zuvor als Reaktion auf seine auch während des Kriegs gegen die Ukraine fortdauernde Tätigkeit für russische Unternehmen sein Büro und seine Mitarbeiter gestrichen.

In der SPD läuft ein Ausschlussverfahren

Das Europaparlament hatte zudem EU Sanktionen gegen Schröder gefordert - was Kanzler Scholz allerdings ablehnte. Zugleich laufen in der SPD auch noch Verfahren, um ihn aus der Partei auszuschließen. Schröders Parteifreund, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hatte noch kurz vor Bekanntwerden von Schröders Verzicht auf das Gazprom-Engagement dem "Handelsblatt" gesagt: "Das Festhalten an den bisherigen Mandaten war Starrsinn, die Annahme eines neuen Mandats im Aufsichtsrat eines russischen Energieunternehmens wäre eine Provokation."

Schröder ist seit seiner Zeit als Kanzler (1998 bis 2005) eng mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet. Im März war er auch nach Moskau gereist, um mit Putin zu sprechen. In dem bisher einzigen Interview nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine in der New York Times hatte Schröder deutlich gemacht, dass er weiter bereit ist, den guten Draht zur Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine zu nutzen. "Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir", sagte der frühere SPD-Chef.

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