Russland:Rund um die Uhr bewacht

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Russland weist die Kritik am Urteil gegen Nawalny zurück - es sei ein rein strafrechtlicher Fall. Nawalny selbst steht wieder unter Hausarrest.

Von Julian Hans, Moskau

Russland hat die scharfe Kritik des Westens am Urteil gegen den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und dessen Bruders Oleg zurückgewiesen. "Washington und Brüssel sollten damit aufhören, Druck auf die russische Justiz auszuüben und einen rein strafrechtlichen Fall zu politisieren", teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Die EU und die USA hatten den Schuldspruch wegen Unterschlagung als politisch motiviert kritisiert.

Nach dem Urteil gegen die Nawalny-Brüder waren am Dienstagabend in Moskau einige tausend Menschen zu Protesten auf die Straße gegangen, allerdings weniger, als erwartet worden waren. Weil das Gericht die Urteilsverkündung kurzfristig auf den Tag vor Silvester vorverlegt hatte, war es nicht mehr möglich gewesen, eine Demonstration gemäß dem restriktiven russischen Versammlungsgesetz anzumelden. Ein massives Aufgebot der Sicherheitskräfte sorgte dafür, dass die Demonstranten sich nicht an einem Ort versammeln konnten. Wer stehen blieb, Parolen rief oder sich durch ein Plakat als Demonstrant zu erkennen gab, wurde abgeführt. Mindestens 255 Menschen kamen vorübergehend in Gewahrsam.

Alexej Nawalny bedankte sich bei seinen Unterstützern: "Es ist kein leichter Weg, aber wir müssen ihn bis zum Ende gehen. Ein anderes Land haben wir nicht", schrieb er auf Twitter. Obwohl er unter Hausarrest steht, hatte er sich den Protesten angeschlossen, war aber kurz darauf festgenommen und nach Hause gebracht worden. Seine Wohnung wird nun rund um die Uhr bewacht. Nawalnys Bruder Oleg war am Dienstag wegen Betrugs zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Alexej Nawalny, der eine Bewährungsstrafe bekam, erklärte daraufhin, der Kreml habe seinen Bruder als "Geisel" genommen.

Der russische Staat muss weiteren Geldhäusern helfen - er kauft Vorzugsaktien der Gazprombank

In seiner Neujahrsansprache hob Präsident Wladimir Putin einmal mehr die Bedeutung der Krim für Russland hervor. "Dieses Ereignis wird immer einer der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte unseres Vaterlands sein", sagte er und rief die Menschen in Russland auf, in schweren Zeiten zusammenzuhalten.

Zum Jahresende hatte es neue schlechte Nachrichten für die russische Wirtschaft gegeben. Wegen der Rubel-Krise sind die Währungsreserven allein in der Weihnachtswoche um weitere 10,4 Milliarden Dollar geschrumpft. Die Summe der Rücklagen liege nun bei 388,5 Milliarden Dollar, teilte die Zentralbank mit. Zudem stellte das Statistikamt die höchste Inflationsrate seit 2008 fest. Nach vorläufigen Berechnungen stiegen die Preise 2014 um bisher insgesamt 11,4 Prozent.

Der Staat muss zudem weiteren Banken helfen. So wurden aus einem Staatsfonds für 560 Millionen Euro Vorzugsaktien der Gazprombank gekauft. Die Banken leiden unter der schrumpfenden Wirtschaft, viele Kunden haben wegen der Rubelschwäche ihre Konten geräumt. Wegen der von den USA und der EU verhängten Sanktionen haben die Geldhäuser kaum noch Zugang zu internationalen Kapitalmärkten.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass der Staat der zweitgrößten russischen Bank VTB eine Kapitalspritze von 1,4 Milliarden Euro gewährt hat. Sowohl die VTB als auch die Gazprombank hatten bereits zuvor Staatshilfen erhalten. Vorige Woche hatte die Notenbank ihre Hilfen für die Trust Bank auf bis zu zwei Milliarden Euro aufgestockt. Billiger wird für die Verbraucher nur der Alkohol: Vom 1. Februar an darf ein halber Liter Wodka höchstens 185 Rubel (etwa 2,60 Euro) kosten. Bisher waren es 220 Rubel.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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