Russland:Moskau schlägt zurück

Nach der Beschlagnahmung russischen Vermögens im Westen will der Kreml jetzt gegen ausländische Unternehmen in Russland vorgehen. Dabei vollstrecken westliche Gerichte nur das Urteil eines Schiedsgericht.

Von Julian Hans, Moskau

Nachdem in der vergangenen Woche Gerichte in mehreren europäischen Ländern Konten und Immobilien aus dem Besitz des russischen Staates beschlagnahmen ließen, droht die Führung in Moskau nun, gegen ausländische Unternehmen in Russland vorzugehen.

Russland werde seine Interessen "im Rahmen eines zivilisierten juristischen Prozesses" verteidigen, sagte Präsident Wladimir Putin am Freitag. Der Leiter der Präsidialverwaltung, Sergej Iwanow, kündigte eine rasche Reaktion an: "Wir können und wir müssen Antwortmaßnahmen verhängen", sagte er im russischen Fernsehen. Dies sei "unausweichlich" und werde rasch erfolgen.

Putins Wirtschaftsberater Andrej Belousow sagte der russischen Ausgabe des Magazins Forbes, wenn die "Kampagne" zur Beschlagnahme russischen Vermögens zu weit gehe und "russische Interessen gravierend betroffen" seien, werde die russische Führung "im Rahmen des Gesetzes eine angemessene Antwort geben, die eine weitere Verdrängung ausländischer Unternehmen vom russischen Markt zur Folge hätte". Zwar wolle man das vermeiden, dennoch werde das "zum Schutz russischer Interessen" erwogen.

Dass europäische Gerichte weiteres Vermögen des russischen Staates im Ausland beschlagnahmen lassen, ist wahrscheinlich. Vor einem Jahr hatte das Ständige Schiedsgericht in Den Haag befunden, dass der russische Staat den damals größten börsennotierten Ölkonzern der Welt, Yukos, absichtlich in den Bankrott getrieben und die Überreste in den staatlichen Konzern Rosneft überführt habe. Den ehemaligen Yukos-Aktionären sprach das Gericht die Rekordsumme von 50 Milliarden Dollar Entschädigung zu.

Da sich Russland bisher geweigert hat zu zahlen, erwirkten die Aktionäre nach Ablauf der Jahresfrist nun vor nationalen Gerichten die Vollstreckung des Urteils. Nach Belgien, Frankreich und Österreich sollen demnächst Deutschland, die Niederlanden, Großbritannien und die Vereinigten Staaten folgen.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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