Russland:Kreisen um das Danach

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Erdoğan (links) und Rohani bei Gesprächen in Sotschi. (Foto: Yasin Bulbul/Reuters)

In Sotschi diskutieren Iran und die Türkei über die Zukunft Syriens, während in Riad die syrische Opposition um eine gemeinsame Position ringt.

Von Julian Hans, Moskau

Vertreter der wichtigsten Kriegsparteien sowie Vertreter der syrischen Opposition haben am Mittwoch über eine Neuordnung für das Land nach einem Ende des Bürgerkrieges beraten. Im Schwarzmeerort Sotschi empfing der russische Präsident Wladimir Putin am Mittag seine Kollegen aus Iran und der Türkei, Hassan Rohani und Recep Tayyip Erdoğan. Russland und Iran unterstützen die syrische Armee im Kampf gegen Aufständische; Russland vor allem durch seine Luftwaffe, Iran mit Kämpfern der Revolutionsgarde und der Hisbollah. Die Türkei hat lange gemeinsam mit den Golfstaaten die Rebellen unterstützt. Putin charakterisierte die Gespräche nach dem Treffen als "konstruktiv". Rohani und Erdoğan hätten ihre Unterstützung für einen "Syrischen Volkskongress" bekräftigt, bei dem Anfang Dezember mehr als eintausend Vertreter der Volksgruppen, Religionen und Stämme das Landes in Sotschi über eine Reform der Verfassung beraten sollen. Ob das Treffen zustande kommt, ist gleichwohl ungewiss. Es wurde mehrmals verschoben und von Syrien nach Sotschi verlegt. Die mehr als 30 Oppositionsgruppen sind zerstritten. Einige ihrer im Exil lebenden Führer lehnen eine Teilnahme an dem von Moskau organisierten Treffen ab. Rohani forderte einen raschen Abzug der US-Armee aus Syrien. Alle ausländischen Einheiten müssten das Land verlassen, wenn sie nicht mit Billigung der legitimen Regierung in Syrien seien, erklärte er. Jede Einmischung von außen werde auf Widerstand stoßen.

Am Vortag hatte Putin bei einem Treffen mit Assad in Sotschi einen "finalen, unausweichlichen Sieg" angekündigt und erklärt, nun sei die Zeit für eine politische Lösung gekommen. Dafür warb er laut dem Kreml auch in einem anschließenden Telefonat mit dem US-Präsidenten Donald Trump. Putin habe betont, dass die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität Syriens erhalten bleiben müssten, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Die Grundsätze für eine Einigung müssten in einem umfassenden Verhandlungsprozess in Syrien ausgearbeitet werden.

Die Forderung der Rebellen nach dem Rücktritt Assads erscheint zunehmend unrealistisch

Während Putin, Rohani und Erdoğan in Sotschi berieten, trafen sich die wichtigsten Gruppen der syrischen Opposition in Riad, der Hauptstadt des Königreichs Saudi-Arabien. Ziel der Zusammenkunft war unter anderem, eine neue Delegation zu bilden, die bei den kommende Woche in Genf anstehenden UN-Gesprächen eher zu Kompromissen mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad bereit ist. Der Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, hatte seinen Rücktritt angekündigt. Er gehörte zu den Vertretern einer kompromisslosen Linie gegenüber Assad. Das Treffen fand unter dem Vorsitz des UN-Syriengesandten Staffan de Mistura und des saudi-arabischen Außenministers Adel al-Dschubeir statt. De Mistura äußerte die Hoffnung, dass es gelingen werde, eine geeinte Delegation der Opposition zu bilden, wie dies seit Langem von Damaskus gefordert werde.

Nach der Rückeroberung von Aleppo und weiteren militärischen Erfolgen befindet sich die syrische Regierung in Damaskus in einer Position der Stärke. Die Forderung der Rebellen nach dem sofortigen Rücktritt Assads erscheint daher zunehmend unrealistisch. Die rund 140 Delegierten der Opposition in Riad stehen unter Druck, von ihren radikaleren Forderungen abzurücken. Vor dem Treffen in Riad appellierten Angehörige der zivilen und militärischen Opposition an die Delegierten, nicht vom Ziel des "Sturzes von Baschar al-Assad und seiner Bande" abzurücken. Der syrische Machthaber wird für schwere Kriegsverbrechen im Bürgerkrieg verantwortlich gemacht.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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