Russland:Botschaft per Rakete

Die neue Mittelstreckenwaffe sendet ein Signal der Aggression.

Von Julian Hans

In der russischen Führung ist niemand so naiv zu glauben, man könne mit Hilfe von Geheimdiensten und Hackern einen Moskau-freundlichen US-Präsidenten installieren und diesen dann nach Gutdünken steuern. Gleichwohl ist es gelungen, so viel Verwirrung zu stiften, dass in Washington keine Kapazität mehr übrig ist für andere Themen, die unter normalen Umständen schwere diplomatische Folgen nach sich gezogen hätten.

Dazu gehört die Indienststellung neuer bodengestützter Mittelstreckenraketen durch Russland. Das Verbot und die Vernichtung solcher Systeme waren ein Meilenstein in den Abrüstungsverhandlungen zwischen den beiden Blöcken im Kalten Krieg. Der INF-Vertrag brachte, wonach sich die Welt lange gesehnt hatte: echte Entspannung. Eine falsche Entscheidung, eine Fehlinterpretation hätte damals einen Atomkrieg auslösen können. Diese Angst schien dauerhaft gebannt zu sein. Nun beginnen wieder Planspiele über ein Gleichgewicht des Schreckens.

Im Rückblick waren Fortschritte zur Entspannung nur in einem kurzen Zeitfenster unter Michail Gorbatschow und Boris Jelzin möglich. Seitdem wächst das Misstrauen wieder, die Krim-Annexion hat es beschleunigt. Während die Regierung in Washington in einer quälenden Findungsphase steckt und der Westen seinen Anker verloren zu haben scheint, nutzt Moskau die Gunst der Stunde, um sich in Stellung zu bringen.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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