Russische Vermittlungsmission:Kompromiss im Atomstreit mit Iran rückt näher

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Teheran ist nach eigener Darstellung auf einen Kompromissvorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin eingegangen - er sieht die Anreicherung von Uran für den iranischen Bedarf in Russland vor.

Daniel Brössler

Der Chef der Moskauer Atombehörde, Sergej Kirijenko, sagte allerdings, es seien noch weitere Verhandlungen notwendig. Sie sollen bis zum 6.März fortgeführt werden. Dann will die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) über die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates entscheiden.

Iran und Russland hätten sich "im Grundsatz" auf die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zur Anreicherung von Uran auf russischem Territorium geeinigt, sagte der Leiter der iranischen Atomenergiebehörde, Gholam-Resa Aghasadeh, nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Sein russischer Kollege Kirijenko sagte, die Atomgespräche sollten in den kommenden Tagen "aktiv" in Moskau fortgesetzt werden.

"Wir warten noch auf eine Zusage Irans, die garantiert, dass kein Nuklearmaterial entwendet wird", sagte er. Vor allem die USA und die Europäische Union befürchten, dass Teheran abgezweigtes Uran zum Bau von Atombomben verwenden könnte, was Iran bestreitet.

Kirijenko sagte weiter, er sehe eine Chance, den Konflikt im Rahmen der Internationalen Atomenergieagentur zu lösen. "Und weil es möglich ist, sollten alle Anstrengungen dafür unternommen werden", sagte er.

"Das Paket ist ein Fortschritt"

Ein Mitglied von Kirijenkos Delegation sagte, die russische Seite wolle alle Aspekte des Atomkonflikts behandeln. Dazu zähle, dass Iran das Moratorium für die Urananreicherung wieder einhalte.

Teheran hatte Mitte Januar sein Forschungsprogramm zur Urananreicherung wieder aufgenommen. Der Vize-Chef der iranischen Atombehörde, Mohammad Saeidi, sagte: "Das Paket ist in der Tat ein Fortschritt, aber nur, wenn der Fall Iran nicht vor die Vereinten Nationen gebracht wird, sonst ist das ganze Paket hinfällig."

Aghasadeh trat zum Abschluss der drei Tage dauernden Gespräche gemeinsam mit Kirijenko in der iranischen Stadt Buschir auf. Dort wird derzeit mit russischer Hilfe ein Atomkraftwerk fertig gestellt. Die Hoffungen auf eine Lösung im Streit über das iranische Atomprogramm hatten sich zuletzt auf Russland konzentriert. Es unterhält traditionell enge Beziehungen zu Iran und ist sein wichtigster Partner bei der Errichtung einer eigenen Atomindustrie.

Das von Putin vorgeschlagene Gemeinschaftsunternehmen soll Iran eine Versorgung mit angereichertem Uran garantieren, ohne dem Land Zugang zu der Technologie zu verschaffen, die zum Bau vom Atomwaffen genutzt werden könnte. Allerdings waren auch in Russland die Hoffungen auf einen Erfolg der Verhandlungen zuletzt gedämpft gewesen.

Die Agentur Itar-Tass zitierte einen Teilnehmer der Gespräche mit den Worten, die Wahrscheinlichkeit eines iranisches Einlenkens liege höchstens bei "51 Prozent". Westliche Diplomaten hatten wiederholt den Verdacht geäußert, Iran wolle durch die Verhandlungen mit Russland nur Zeit gewinnen.

Kirijenko sagte weiter, es gebe für die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens "fast keine Probleme technischen, finanziellen oder organisatorischen Charakters mehr". Das russisch-iranische Vorhaben sei aber "nur eines der Elemente zur Lösung des iranischen Atomproblems".

Bereits am Samstag hatte Kirijenko betont, Teheran müsse die internationale Gemeinschaft davon überzeugen, dass es nicht nach Atomwaffen strebe. Dies halte er für zweifellos möglich.

Die USA, Israel und andere Staaten verdächtigen Iran, Atomwaffen herstellen zu wollen. Vertreten durch Großbritannien, Frankreich und Deutschland hatte die EU versucht, mäßigend auf Teheran einzuwirken. Nach einem Besuch in Brüssel hatte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki aber mitgeteilt, sein Land sei zu weiteren Gesprächen bereit, "aber nicht unbedingt mit dem EU-Trio".

Zivile Nutzung gestattet

Im Falle einer Erörterung durch den UN-Sicherheitsrat riskiert Iran die Verhängung von Sanktionen, wenngleich die ständigen Mitglieder Russland und China sich bislang kritisch über einen solchen Schritt geäußert haben. Der iranische Wirtschaftsminister Dawud Danesch Dschafari hatte am Samstag gesagt, Teheran sei auf Sanktionen vorbereitet, rechne jedoch nicht damit. Schließlich verstoße der Iran nicht gegen geltende Gesetze oder Verträge.

Kirijenko machte klar, dass es gegen die zivile Nutzung der Atomenergie in Iran keinerlei Einwände seitens der internationalen Gemeinschaft gebe. Dies gelte auch für das mit russischer Hilfe errichtete Atomkraftwerk. Iran unternimmt derzeit die ersten Schritte zur Inbetriebnahme des Kraftwerks, das Ende 2006 ans Netz gehen sollte. Die Inbetriebnahme wird sich aber iranischen Angaben zufolge verzögern.

© SZ vom 27.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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