Russische Punkband:Anwälte fürchten um die Kinder der "Pussy Riot"-Sängerinnen

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Am kommenden Freitag soll in Moskau das Urteil gegen drei Mitglieder der Punkband "Pussy Riot" fallen. Den Putin-Kritikerinnen drohen lange Haftstrafen. Zwei der Frauen fürchten, dass ihre Kinder zu Pflegefamilien müssen.

Zwei der drei inhaftierten Frauen der russischen Punkband Pussy Riot fürchten um das Wohl ihrer Kinder. Um sie vor dem Zugriff der Behörden zu retten, beantragten die Verteidiger das Sorgerecht für Nadeschda Tolokonnikowas vierjährige Tochter Gera und Maria Aljochinas fünfjährigen Sohn Filipp.

Damit wollten sie vermeiden, dass die Kinder nach dem am kommenden Freitag erwarteten Urteil zu Pflegefamilien müssen, sagten die Anwälte dem kremlkritischen Magazin The New Times. Die Ermittler hätten Aljochina damit gedroht, ihr nach einer Verurteilung den Sohn wegzunehmen, sagte Anwalt Mark Fejgin, obwohl der Vater des Kindes nichts mit dem Prozess zu tun habe. Noch schwieriger sei die Lage für Tolokonnikowa, da auch ihr Mann Pjotr Wersilow eine Festnahme fürchten müsse. Die dritte Angeklagte Jekaterina Samuzewitsch hat keine Kinder.

Die zwischen 22 und 29 Jahre alten Russinnen hatten am 21. Februar in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen den derzeitigen Präsidenten Wladimir Putin protestiert. Mit Skimützen vermummt und in Minikleidern hatten sie ein "Punk-Gebet" vorgetragen: "Jungfrau Maria, Mutter Gottes, räume Putin aus dem Weg!"

"Mein Eindruck ist, dass dies unser letzter Job ist"

Den drei Frauen drohen lange Haftstrafen. Der Staatsanwalt hatte vergangene Woche drei Jahre Gefängnis für Tolokonnikowa, Aljochina und ihre Mitangeklagte Samuzewitsch gefordert. Die Frauen hätten die Gefühle von russisch-orthodoxen Gläubigen verletzt, betonte die Anklage. Die Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch und warf dem Gericht Willkür vor.

Ihre Verteidiger befürchten auch, dass ihnen selbst die Zulassung entzogen werden könnte. "Mein Eindruck ist, dass dies unser letzter Job ist", sagte die Anwältin Violetta Wolkowa. Sie beklagte sich über "ständige Schikanen der Staatsanwaltschaft" und schwere Gesetzesverstöße durch die Richterin Marina Syrowa.

Beobachter sprechen angesichts des umstrittenen Protestes von einem Justizskandal mit dem Ziel, die Opposition gegen Putin einzuschüchtern. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die seit März inhaftierten Frauen von "Pussy Riot" als politische Gefangene anerkannt. Auch mehr als 100 Bundestagsabgeordnete kritisierten den Prozess als politisch motiviert.

Präsident Putin hatte "Pussy Riot" mehrfach kritisiert, sich zuletzt aber für eine milde Bestrafung ausgesprochen. Die Staatsanwaltschaft schien dem Folge zu leisten, indem sie statt der möglichen Höchststrafe von sieben Jahren nur drei Jahre Gefängnis forderte.

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