Russische Armee:Grüße aus Moskau

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Ein Zustand, der an den Kalten Krieg erinnert: Russlands Streitkräfte demonstrieren weltweit Stärke und ärgern damit die USA.

Daniel Brössler

Angeblich war es knapp. So knapp, dass aus der Übung Valiant Shield (Tapferer Schild) der US-Marine im Pazifik leicht Ernst hätte werden können. Zwei russische Kampfflugzeuge vom Typ Tu-95 mit der schönen Nato-Bezeichnung "Bär" hatten sich in dieser Woche der Insel Guam und damit dem Übungsgebiet bedrohlich genähert.

Russisches Kampfflugzeug "Tu-95" (Archivbild) (Foto: Foto: AP)

"US-Flugzeuge bereiteten sich auf ein Abfangmanöver vor. Dazu kam es aber nicht, weil die Bären nicht nah genug heranflogen", erläuterte der Kommandeur der Pazifischen Flotte, Robert Willard.

Wiederbelebte Traditionen

Der russische Generalmajor Pawel Androssow schilderte das Geschehen etwas blumiger: "Es war immer eine Tradition unserer Luftwaffe, weit auf den Ozean herauszufliegen, wo unsere Flieger Sichtkontakt zu den amerikanischen Piloten herstellten. Am Mittwoch haben wir diese Tradition wiederbelebt."

Die beiden russischen Kampfflugzeuge hätten der Gegend von Guam im Westpazifik einen Besuch abgestattet und dort die amerikanischen Piloten angelächelt. Die Mission werde als Erfolg gewertet.

Schon seit einiger Zeit ist die Wiederkehr des russischen Bären zu beobachten und sie betrifft keineswegs nur Langstreckenflugzeuge. Russland will wieder weltweit militärisch Flagge zeigen - fast so wie einst die Sowjetunion. So kündigte Marine-Kommandeur Wladimir Massorin jüngst auch die Rückkehr ins Mittelmeer an.

Eine ständige Präsenz russischer Kriegsschiffe und U-Boote dort sei für die nationale Sicherheit Russlands von strategischer Bedeutung. Einst hatte die Sowjetunion eine eigene Basis in Syrien unterhalten.

So weit gehen die russischen Pläne heute nicht, doch fraglos bemisst Moskau seine Rolle wieder nach seinem militärischen Gewicht. Der russische Sicherheitsrat arbeitet derzeit an einer neuen Militärdoktrin, die dem gewachsenen Selbstbewusstsein und den Veränderungen "der geopolitischen und militärpolitischen Situation" Rechnung trägt - womit unverblümt das Konkurrenzverhältnis zu den USA gemeint ist.

Ähnlich wie im Kalten Krieg

Aktionen wie der Ausflug nach Guam, das zum Staatsgebiet der USA gehört, sollen den Amerikanern zeigen, dass mit den Russen wieder zu rechnen ist. "Das ist ein normales Training, wie es zu Zeiten des Kalten Krieges üblich war", sagt Alexander Chromtschichin vom Moskauer Institut für politische und militärische Analysen. "Jetzt haben wir einen Zustand im Verhältnis zu den USA, der ein wenig an den Kalten Krieg erinnert."

Über diesen Zustand ist die Weltöffentlichkeit spätestens seit der Münchner Rede von Wladimir Putin im Bilde. Den USA warf er darin im Februar den "ungezügelten Gebrauch militärischer Gewalt" vor.

Besonders gereizt fühlt sich Putin aber durch die US-Pläne für eine Raketenabwehr in Europa. Sie richten sich nach Moskaus Einschätzung nicht gegen Iran, sondern gegen Russland.

Russlands Rüstung "extrem ineffektiv"

Weil die USA nach "globaler militärisch-politischer Dominanz im 21. Jahrhundert" strebten, urteilt der Politologe Sergej Kortunow, habe Russland "keine andere Wahl, als für absehbare Zeit eine starke Nuklearmacht zu bleiben".

Zudem müsse es seine Forschungsanstrengungen beschleunigen. Tatsächlich sind die Militärausgaben unter Putin schon deutlich erhöht worden. In den nächsten acht Jahren sollen die Streitkräfte zudem mit neuer Ausrüstung im Wert von 141 Milliarden Euro ausgestattet werden.

Militärexperte Chromtschichin ist dennoch skeptisch: "Das Geld wird extrem ineffektiv ausgegeben, trotz der hohen Summe bleiben die realen Waffenkäufe sehr gering."

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