Rüstungsexporte:Bundesregierung vor Gericht

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Die Lürssen-Werft klagt, weil sie keine Patrouillenboote an Saudi-Arabien liefern darf.

Von Mike Szymanski, Reiko Pinkert, Berlin

Geschäft in der Schwebe: 15 Boote hat die Lürssen-Werft bereits nach Saudi-Arabien verschifft, für 20 weitere besteht derzeit ein Exportstopp. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Im Streit um das Rüstungsexportverbot für Saudi-Arabien zieht die Bremer Lürssen-Werft gegen die Bundesregierung vor Gericht. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und NDR hat das Unternehmen, das einen Großauftrag über Patrouillenboote für Saudi-Arabien abarbeitet, jetzt Klage vor der 4. Kammer des Berliner Verwaltungsgericht erhoben. Es geht um ein Eil-Verfahren. Am Produktionsstandort in Wolgast liegen mindestens sechs fertige Boote zur Auslieferung bereit. Wegen des Exportstopps kann Lürssen aber seinen Lieferverpflichtungen nicht nachkommen und hat die Serienproduktion gestoppt. Der Auftrag umfasst insgesamt um die 35 Boote, 15 davon hat Saudi-Arabien bereits erhalten.

Auf Betreiben der Linken-Abgeordneten Heidrun Bluhm hin räumte das Finanzministerium die Klage ein und teilte mit, dass Schadensersatzforderungen "gegebenenfalls aus dem Bundeshaushalt getragen" würden. Das für Rüstungsexporte federführende Wirtschaftsministerium erklärte, "Einzelfallentscheidungen" würden grundsätzlich nicht kommentiert, das betreffe auch etwaige Verfahren dazu. Das Unternehmen teilte lediglich mit, dass es bemüht sei, "in gemeinsamer Abstimmung mit der Bundesregierung sowie den weiteren Beteiligten eine Lösung zu finden." Das Gericht bestätigte den Eingang der Klage. Ein Sprecher sagte zu SZ und NDR, binnen zwei Wochen solle es einen Erörterungstermin geben, bei dem die Möglichkeit eines Vergleichs ausgelotet würde. Dem Vernehmen nach wurde das Wirtschaftsministerium zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Ende März hatte die Bundesregierung den Ausfuhrstopp für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien um weitere sechs Monate verlängert. Für diesen Zeitraum würden grundsätzlich auch keine Neuanträge genehmigt. Damals hatte die große Koalition der Wolgaster Peene-Werft, die zu Lürssen gehört, aber auch Hilfe in Aussicht gestellt. Von der SPD war immer wieder vorgeschlagen worden, andere Abnehmer für die bereits fertigen Boote zu finden, etwa die Marine. Jedoch ist eine Entscheidung darüber in der Bundesregierung noch nicht gefallen.

SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich, einer der Architekten der restriktiven Rüstungsexportpolitik, zeigte sich überrascht vom Vorstoß des Unternehmens: "Es bleibt der Firma Lürssen überlassen, auch den Rechtsweg zu beschreiten. Gleichwohl erschwert es denjenigen die Arbeit, die derzeit andere Möglichkeiten prüfen", sagte er am Freitag. Bluhm sieht in der Klage ein "finanzielles Risiko für den Bund". Wichtig sei eine Umwandlung der Rüstungsindustrie hin zu zivilen Produkten: "Es kann nicht sein, dass so viele Arbeitsplätze bedroht sind, nur weil die Bundesregierung das Richtige tut: nämlich Rüstungsexporte in Krisengebiete zu verbieten."

Saudi-Arabien führt eine Militärallianz an, die in Jemen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen bekämpft. Der Krieg hat zu einer humanitären Katastrophe geführt. Die Bundesregierung hatte im November die Tötung des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Anlass genommen, die Rüstungsgeschäfte zu unterbinden.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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