Rückholaktion:Zur Kasse, bitte

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Deutsche Urlauber werden im März von Barbados nach Frankfurt zurückgeholt. (Foto: imago images/localpic)

Im Frühjahr holte die Bundesregierung Zehntausende Touristen nach Deutschland zurück, die wegen Corona in aller Welt festsaßen. An den Kosten von knapp 94 Millionen Euro sollten sie sich beteiligen. Doch einige wollen nicht zahlen.

Von dpa, Berlin

Die größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie hat ein juristisches Nachspiel. Einige der damals mit Chartermaschinen der Bundesregierung in aller Welt eingesammelten Reisenden weigern sich, sich an den Kosten zu beteiligen. Inzwischen gibt es 60 Klagen gegen Zahlungsbescheide des Auswärtigen Amts. Das geht aus einer Antwort des Staatssekretärs Miguel Berger auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Roman Müller-Böhm hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Wie die Klagen begründet werden, steht in dem Schreiben nicht.

Insgesamt kommt die Bezahlung der Flüge nur schleppend voran. Acht Monate nach Ende der Aktion hat das Ministerium erst gut ein Viertel der etwa 37 Millionen Euro kassiert, die sie den Passagieren in Rechnung stellen wollte. Bis zum 16. Dezember sind laut Berger erst 10,6 Millionen Euro in die Staatskasse zurückgeflossen.

Berlin holte 67 000 Menschen aus 65 Ländern zurück

Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte die Aktion am 17. März zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften gestartet, nachdem viele Länder wegen der Corona-Pandemie kurzfristig Grenzen geschlossen und Flugverbindungen gekappt hatten. Insgesamt wurden etwa 240 000 Reisende zurückgebracht.

Die Reiseveranstalter flogen die Touristen, die bei ihnen gebucht hatten, selbst kostenlos aus. Für Individualtouristen und andere Rückkehrwillige charterte das Auswärtige Amt Maschinen, die 260 Flüge absolvierten und bis Ende April rund 67 000 Menschen aus rund 65 Ländern zurückbrachten. Ab Juni wurden die Rückkehrer zur Kasse gebeten.

Die veranschlagten Ticketpreise lagen etwa im Bereich günstiger Economy-Tickets für die jeweiligen Regionen. Für Flüge von den Kanarischen Inseln und Nordafrika mussten 200 Euro gezahlt werden, für das südliche Afrika und die Karibik wurden 500 Euro fällig, Rückkehrer aus Südamerika und Asien mussten 600 Euro zahlen, und wer aus Neuseeland, Australien oder von einer Südseeinsel zurückgeholt wurde, erhielt eine Rechnung über 1000 Euro.

40 Prozent der Ticketkosten sollten die Passagiere tragen

Bis Mitte Dezember wurden laut Staatssekretär Berger 28 728 Zahlungsbescheide versandt. Wie viele davon beglichen wurden, geht aus seinem Schreiben nicht hervor. Das Auswärtige Amt war im Juni davon ausgegangen, dass die Aktion 93,8 Millionen Euro gekostet hat. Knapp 40 Prozent davon sollte von den Flugpassagieren selbst übernommen werden. Ihre Kostenbeteiligung ist im Konsulargesetz vorgeschrieben, ohne dass eine genaue Höhe genannt wird. Die EU unterstützte die Rückholaktionen der einzelnen Mitgliedstaaten zudem mit Zuschüssen. Die deutschen Steuerzahler sollten nach den ursprünglichen Berechnungen des Ministeriums unter dem Strich dann noch mit 23 Millionen Euro oder 24 Prozent beteiligt werden.

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