Robotersteuer:Mein Kollege, der Algorithmus

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Klingt gut, ist es aber nicht: Wer Computer und Maschinen besteuern will, geht den falschen Weg. Denn es gibt dabei unlösbare Probleme - und eine bessere Alternative.

Von Ulrich Schäfer

Auf den ersten Blick klingt die Idee gut: Wenn Roboter die Arbeit von Menschen ersetzen, muss der Staat künftig Roboter besteuern - und nicht bloß die Arbeit von Menschen. Post-Chef Frank Appel hat sich so geäußert, und auch Christian Kern, der neue österreichische Bundeskanzler. Hinter dieser Forderung steckt die Sorge, dass die Digitalisierung, also die vierte Stufe der industriellen Revolution, mehr Jobs verschlingen und weniger hervorbringen wird als die drei Stufen zuvor: als die Einführung der Dampfmaschine im 19. Jahrhundert, des Fließbands Anfang des 20. Jahrhunderts und des Computers in den 1970er-Jahren.

Diese Angst ist einerseits verständlich, denn Roboter und Algorithmen scheinen weitaus mächtiger zu sein als die automatischen Webstühle und Dampfschmieden, die vor zweihundert Jahren in den Fabriken errichtet wurden. Andererseits nehmen Menschen gegenwärtige Veränderungen seit jeher als bedrohlicher wahr als jene Umwälzungen, die vor Jahrzehnten stattgefunden haben. Vor allem aber ist die Arbeit den Menschen trotz der Industrialisierung nicht ausgegangen - sie hat sich nur radikal verändert; ganze Berufszweige sind verschwunden, neue entstanden; und während die besser Gebildeten es meist geschafft haben, sich dem Wandel anzupassen, gelang dies Millionen anderen nicht. Das ist ein ernstes soziales Problem, doch eine Robotersteuer bietet keine praktikable Antwort hierauf.

Es wäre eine Steuer auf den Fortschritt

Das fängt schon mit der Frage an, was eigentlich Roboter sind: Zählen dazu nur die einarmigen Dinger, die in Fabrikhallen stehen? Oder ist auch die Spracherkennung im Smartphone ein Roboter, weil sich damit Briefe diktieren und die Arbeit einer Sekretärin ersetzen lassen? Sollen also nur klassische Maschinen besteuert werden - oder auch sämtliche Computer, bis hin zum selbstfahrenden Auto?

Kaum lösen lässt sich auch die Frage, worauf solch eine Robotersteuer erhoben werden soll. Im Jahr 1983, als schon einmal darüber diskutiert wurde, schlug der österreichische Sozialminister Alfred Dallinger vor, man möge jedem Betrieb eine fiktive Zahl von Beschäftigten zuordnen, die dieser ohne den Einsatz von Maschinen hätte - auf diese fiktive Zahl seien dann Abgaben fällig. Post-Chef Appel wiederum denkt darüber nach, unterschiedliche Mehrwertsteuersätze einzuführen - je nachdem, ob Menschen oder Roboter ein Produkt gefertigt haben. Beiden Modelle ist gemein, dass man die Arbeitsleistung von Robotern (oder Computern) und Menschen exakt auseinanderdividieren müsste, was aber nicht geht.

Vor allem aber hätte eine solche Robotersteuer einen Effekt: Sie würde den Einsatz neuer Technik teurer machen - und damit verzögern; sie wäre eine Steuer auf den Fortschritt. Wer Roboter und schlaue Computer besteuern will, und damit letztlich Kapital, muss dazu keine neue Steuer einführen, sondern sollte stattdessen bei jenen Steuern ansetzen, die es ohnehin schon gibt - und Kapital und Unternehmen endlich vernünftig besteuern.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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