Right Livelihood Award:Mut unter extremen Bedingungen

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Der sogenannte Alternative Nobelpreis wird den syrischen Weißhelmen und drei weiteren Preisträgern verliehen. Die Auszeichnung der Zeitung "Cumhuriyet" in der Türkei wird als Signal an Präsident Erdoğan verstanden.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Für den Friedensnobelpreis sind sie auch nominiert, nun haben sie den sogenannten Alternativen Nobelpreis gewonnen: Die Weißhelme, die sich offiziell "Syrischer Zivilschutz" nennen, erhalten den Right Livelihood Award gemeinsam mit drei weiteren Preisträgern. Die freiwilligen Einsatzkräfte helfen in syrischen Städten dort, wo Bomben fallen, sie graben Verschüttete aus, versorgen Verletzte. 60 000 Menschen haben sie nach eigenen Angaben bisher gerettet. Eine Online-Petition, die den Friedensnobelpreis für die etwa 2900 Weißhelme fordert, hat bereits mehr als 140 000 Unterzeichner.

Der Preis bringt Aufmerksamkeit. Das kann Schutz bedeuten, aber auch Ärger

Den Right Livelihood Award teilen sich die Weißhelme mit der ägyptischen Feministin Mozn Hassan, die die Organisation Nazra gegen sexuelle Gewalt gegründet hat, der Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina, die sich in Russland für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten einsetzt, und der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet in der Türkei. Eine Jury hat sie aus 125 Kandidaten ausgewählt. Der Preis wolle sich nicht vom Friedensnobelpreis abgrenzen, sagt Ole von Uexküll, Geschäftsführer der Stockholmer Right Livelihood Award Stiftung. Sein Onkel hat ihn 1980 ins Leben gerufen, nachdem er der schwedischen Nobelpreisstiftung vergeblich vorgeschlagen hatte, weitere Auszeichnungen für Ökologie und für Armutsbekämpfung zu schaffen. Der Alternative Nobelpreis zeichnet Menschen aus, die sich den "drängendsten globalen Herausforderungen" stellen. "Dass es selbst an diesen extremen Krisenherden beispielhafte und konkret erfolgreiche Arbeit gibt, das war besonders beeindruckend", sagt Ole von Uexküll. Er freue sich, wenn seine Preisträger auch den Nobelpreis erhielten. Gelungen ist das der 2011 verstorbenen Kenianerin Wangari Muta Maathai.

Auch wenn der Right Livelihood Award nicht so renommiert ist wie der Nobelpreis, zieht er internationale Aufmerksamkeit auf die Preisträger. Das kann Schutz bedeuten, aber auch Ärger. In vielen Ländern mit eingeschränktem Spielraum für die Zivilgesellschaft werde Unterstützung aus dem Westen dazu genutzt, zivilgesellschaftliche Akteure als Vaterlandsverräter zu brandmarken, so Ole von Uexküll. Darüber werde vorher mit den Kandidaten gesprochen. In Istanbul haben Mitarbeiter der Stiftung nicht nur die Weißhelme getroffen, sondern nach dem Putschversuch im Land auch die Cumhuriyet besucht.

Der Preis dürfte als Signal gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan wahrgenommen werden, der Kritiker zunehmend unter Druck setzt. Cumhuriyet stand seit Jahren auf der Kandidatenliste. Voriges Jahr wurden der nun zurückgetretene Chefredakteur Can Dündar und Ankara-Korrespondent Erdem Gül verhaftet, nachdem sie über Waffentransporte nach Syrien berichtet hatten. Im Mai verurteilte ein Gericht Dündar zu einer Haftstrafe, er entging einem Mordanschlag und lebt derzeit im Exil.

© SZ vom 23.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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