Rheinland-Pfalz:Erst mal auf einen Kennenlern-Kaffee

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Bärbel heißt dieser Bär. Er ist ein Maskottchen und sollte den Grünen in Rheinland-Pfalz eigentlich Glück bringen. Geholfen hat es wenig. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Bis es zur Ampel kommt, stehen FDP und Grüne vor einigen Hürden.

Von Susanne Höll, Mainz

In Rheinland-Pfalz könnte in der Pfingstzeit politische Geschichte geschrieben werden. Jedenfalls dann, wenn sich SPD, FDP und Grüne auf Verhandlungen über eine Ampel-Koalition einlassen und sie zum Abschluss führen. Ein solches Regierungstrio wurde auf Landesebene erst zwei Mal ausprobiert, allerdings in fast vergessenen Zeiten des vergangenen Jahrhunderts. Brandenburg wurde zwischen 1990 und 1994 und Bremen von 1991 und 1995 in diesen Farben regiert. In Potsdam war damals das ostdeutsche Bündnis 90 beteiligt. Aus unterschiedlichen Gründen überstand keine von beiden die volle Legislaturperiode.

Bei den kleinen Parteien ist die Sehnsucht nach dieser Kombination seither nicht gewachsen. FDP und Grüne waren einander Lieblingsfeinde und sind es mancherorts noch. In Mainz halten manche Liberale die Öko-Leute für wirtschaftsfeindliche Müsli-Fans. Auf die Frage, welche Gemeinsamkeiten es mit den Grünen gebe, sagte der einstige FDP-Landeswirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage der Mainzer Allgemeinen Zeitung: "Ich sehe keine." Etliche Grüne wiederum glauben, die Liberalen seien eine Polit-Filiale von Hoteliers und Besserverdienenden. Die zwei Parteien trennen nicht nur politische, sondern auch kulturelle Welten.

Die Liste der heiklen Themen ist klar - und jeder Punkt für eine Partei auch schmerzhaft

Auch deshalb hat es in Rheinland-Pfalz nach dem Wahlsonntag noch kein offizielles Sondierungstreffen der drei Parteien gegeben. Spitzenvertreter der siegreichen SPD trafen in aller Diskretion Führungsleute der schwerst gerupften Grünen und, getrennt wohlgemerkt, den FDP-Spitzenkandidaten Volker Wissing. Grüne und Liberale erkundeten, ob man sich zum Kennenlern-Kaffee verabreden sollte, vielleicht aucgh miot der SPD. In Mainz übt man politisches Speed-Dating.

Die SPD mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer an der Spitze wünscht sich nichts lieber als eine Ampel. Sondierungen, geschweige denn Verhandlungen mit der CDU über eine große Koalition, will sie vermeiden. Die Kleinen tun sich schwer. Die FDP hat einen Wahlkampf gegen, nicht für Rot-Grün gemacht. Einigen Funktionären und Anhängern ist der Gedanke an eine gemeinsame Regierung fremd. Bei den Grünen ist es ähnlich. Die müssen am Samstag erst einmal bei einem kleinen Parteitag versuchen, ihren eigenen Leuten diese Option schmackhaft zu machen.

Wenn das gelingen sollte, dürfte es vielleicht noch vor Ostern ein erstes formales Dreier-Treffen geben und dann mutmaßlich langwierige Verhandlungen. Liberale und Grüne müssen ihren eigenen Leuten zwei Dinge beweisen: Dass der jeweils Andere nicht so schrecklich ist wie gedacht. Und dass jede Seite einige ihrer Herzensanliegen durchgesetzt hat.

Die Liste der heiklen und für mindestens einen Partner-in-spe schmerzhaften Themen ist klar. Die Grünen müssten Zugeständnisse in der Infrastruktur- und Verkehrspolitik machen. Eine neue Mittelrhein-Brücke, die sie als Juniorpartner der SPD vor fünf Jahren noch verhindern konnten, wird dann sicher beschlossen. In dieser Frage sind sich SPD und FDP einig. Ebenso beim Straßenausbau, den die Grünen stets auf ein Mindestmaß beschränken wollten. Der Wissing-FDP ist wiederum der hierzulande energisch betriebene Windkraftbau zuwider. Einen Baustopp werden sie kaum erreichen, bestenfalls ein geringeres Tempo. In der Bildungspolitik hingegen sind sich alle drei Parteien nah: Sie soll kostenfrei bleiben, qualitativ noch besser werden. Mehr Erzieher, mehr Lehrer, mehr Polizisten, Straßenausbau - all das kostet auch viel mehr Geld. Woher es kommen soll und wo eventuell gestrichen werden kann, wird dann in Etatverhandlungen zu klären sein.

Für die kleinen Parteien ist die Ampelkoalition alles andere als eine Traum. Aber ein Blick auf die Alternativen könnte Skeptiker nachdenklich stimmen. Sollte es eine große Koalition geben müssen, wäre der AfD-Spitzenmann Uwe Junge Oppositionschef im rheinland-pfälzischen Landtag. FDP und Grüne müssten nicht nur der Regierung Paroli bieten, sondern auch den Rechtspopulisten.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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