Rekrutierung in den USA:Schnell verschifft

Lesezeit: 2 min

Angesichts des Irak-Desasters fällt es der US-Armee schwer, Rekruten zu finden. Jetzt locken die Streitkräfte Junge und Arme mit viel Geld - mit Erfolg.

Wolfgang Jaschensky

In New York sorgt derzeit eine Fotoausstellung für Aufsehen. Zu sehen sind dort Porträts verstümmelter Irak-Veteranen. Die Bilder treffen das Herz vieler Amerikaner. Der Krieg im Irak ist für die Mehrheit kein Krieg mehr, mit dem ein stolzes Amerika Demokratie und Menschenrechte und schon gar nicht ihre Heimat verteidigt.

Es ist vor allem ein Krieg, der Tausenden US-Soldaten das Leben gekostet und das Leben unzähliger Amerikaner zerstört hat, weil sie im Kampf schwer verletzt wurden, oder weil sie einen geliebten Menschen verloren haben. Es ist ein Krieg, bei dem Abertausende Zivilisten getötet wurden und eine Region ins Chaos gestürzt wurde.

In diesen Zeiten ist es keine einfache Aufgabe, Nachschub für die Streitkräfte zu rekrutieren, doch der Bedarf der Armee ist angesichts des Einsatzes gewaltig: 80.000 Rekruten ist das Ziel für das aktuelle Geschäftsjahr, das im September endet. Seit absehbar ist, dass diese Zahl nicht erreicht wird, zahlt die Armee eine Prämie - einen 20.000-Dollar-Bonus mit dem Namen "Quick Ship".

Seit dem 25. Juli dieses Jahres erhält ihn, wer sich schon für September zu einer Grundausbildung verpflichtet. Über 4000 junge Männer und Frauen entschieden sich für diesen "Quick-Ship-Bonus" allein in den ersten drei Wochen des Progamms - mehr als 90 Prozent aller Rekruten, berichtet die Washington Post.

Um einen jungen Menschen nach Ende der Schulausbildung für den Dienst an der Waffe zu begeistern, ist Geld offenbar kein schlechtes Argument, vielleicht das einzige. In dem Film "Fahrenheit 9/11" zeigt Michael Moore die Praktiken der US-Streitkräfte bei der Rekrutierung von Soldaten. Da fragt ein Marine einen potentiellen Rekruten, ob er jemals daran gedacht habe, ein Soldat zu werden. Der Mann antwortet, er habe daran gedacht, jetzt habe er aber Frau und Kind. Der Soldat antwortet: "Ein Grund mehr, zu uns zu kommen".

Ein gewichtiges Argument

Der Film kam vor drei Jahren in die Kinos, zu einer Zeit, als die Zustimmungswerte für die Regierung Bush und ihren Irak-Feldzug noch deutlich höher lagen.

Das Umfeld für die Arbeit der "Recruiter" ist heute noch schwieriger - der Ehrgeiz ist ungedämpft. "Die Armee ist fest dazu entschlossen, zu versuchen, ihre Rekrutierungsziele bis zum Ende des Jahres zu erreichen - also machen sie fast alles in ihrer Macht Stehende, um diese Zahlen zu erreichen", zitiert die Washington Post die Sicherheitsexpertin Cindy Williams.

Der Bonus von 20.000 Dollar ist besonders für junge Leute ohne Perspektive ein gewichtiges Argument. Aber auch im Verhältnis zum späteren Verdienst ist der Bonus nicht zu vernachlässigen: Schätzungen der Armee zufolge verdient ein Soldat im ersten Jahr nach der Ausbildung nur 17.400 Dollar.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: