Regierungsbildung:Jetzt sind die Sozialdemokraten am Zug

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Der SPD-Vorstand entscheidet, ob er sich trotz großer Vorbehalte in der eigenen Partei eine Zusammenarbeit mit der Union vorstellen kann. CDU und CSU haben schon Ja zu Gesprächen gesagt.

Von Christoph Hickmann und Robert Roßmann, Berlin

Nach dem ersten Spitzengespräch zwischen Union und SPD wächst der Druck auf die Sozialdemokraten, in Sondierungen zur Bildung einer Regierung einzusteigen. An diesem Freitag kommen die SPD-Führungsgremien zusammen, um über die Ergebnisse des Gesprächs mit CDU und CSU sowie über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Parteivorstand der Sozialdemokraten muss anschließend entscheiden, ob Sondierungen begonnen werden.

An der Runde am Mittwochabend hatten die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD), die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Andrea Nahles (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teilgenommen. Sie vereinbarten Stillschweigen über den Inhalt des Gesprächs. Beide Seiten erklärten anschließend nur, es habe sich um "ein offenes und vertrauensvolles Gespräch" gehandelt. Dabei hätten die Vertreter von CDU und CSU "deutlich gemacht, dass sie gemeinsam mit der SPD Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen". Dies wurde als klarer Hinweis gedeutet, dass die Union eigentlich nur über eine große Koalition reden will.

Bei der SPD ist die Lage komplizierter. In ihren Reihen gibt es gegen eine neue große Koalition erhebliche Skepsis, die vor einer Woche beim Parteitag nochmals deutlich zum Ausdruck gekommen war. Daher müssen die Sozialdemokraten ihren Mitgliedern glaubhaft machen, zunächst auch über andere Möglichkeiten mit der Union zu reden - etwa die Bildung einer Minderheitsregierung oder eine sogenannte Kooperationskoalition, bei der nur bestimmte Punkte verbindlich geregelt wären. Zwar gelten solche Modelle allein deshalb als äußerst unwahrscheinlich, weil die Union sie ablehnt. Doch die SPD-Spitze liefe Gefahr, frühzeitig am Widerstand in den eigenen Reihen zu scheitern, wenn sie sich bereits im Anfangsstadium von Sondierungen auf eine Neuauflage der großen Koalition festlegen würde. Zudem gibt es auch unter den Spitzengenossen solche, die ein derartiges Bündnis skeptisch sehen, etwa die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Am Donnerstagmorgen informierte CDU-Chefin Merkel ihre Parteiführung über das Treffen mit der SPD. Die Telefonschaltkonferenz mit dem Bundesvorstand dauerte allerdings keine zehn Minuten. Merkel wiederholte praktisch nur die Erklärung der Union vom Vorabend. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner und Fraktionschef Volker Kauder sagten, es mache jetzt auch gar keinen Sinn, weiter darüber zu reden. Es gelte, die Entscheidung des SPD-Vorstands abzuwarten. Weitere Wortmeldungen gab es nicht. Das lag auch an der Sorge, dass Äußerungen aus der Runde nach außen getragen werden und den Sozialdemokraten ihre Entscheidung erschweren könnten.

An diesem Freitag kommt die CSU zu einem Parteitag zusammen. Die CDU-Spitze trifft sich am Montag wieder. Dann dürfte es auch dort eine ausführlichere Diskussion über das weitere Vorgehen geben.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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