Regierungsbildung in Griechenland:Finanzminister verzweifelt gesucht

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Die Koalitionsverhandlungen in Griechenland stehen kurz vor dem Abschluss, doch ein wichtiger Posten ist noch nicht besetzt: Offenbar möchte niemand das Amt des Finanzministers übernehmen. Selbst aussichtsreiche Kandidaten zögern.

In Griechenland könnte noch am Mittwoch eine neue Regierung gebildet werden - doch offenbar tun sich die Koalitionsparteien schwer, einen Finanzminister zu finden.

Nachdem die Verhandlungen über die Bildung einer Koalition am Dienstag vertagt worden waren, werden Vertreter der bei der Wahl erstplatzierten konservativen Nea Dimokratia (ND) und der sozialistischen Pasok die Gespräche am Mittag wieder aufnehmen. Anschließend ist ein Treffen zwischen ND und der Demokratischen Linken (Dimar) geplant.

Dimar will die Regierung zwar aktiv unterstützen, verzichtet allerdings auf die Entsendung von Ministern. Wie griechische Medien berichten, könnte die Regierung schon am Abend stehen und am Donnerstag vereidigt werden. Sicher ist bislang, dass der ND-Vorsitzende Antonis Samaras neuer Ministerpräsident wird.

Pasok will nach Angaben der griechischen Zeitung Kathimerini offenbar keine Abgeordneten oder Ex-Minister in die Regierung schicken, sondern vertraut auf externe Bürokraten. Damit kommt die Partei der Demokratischen Linken entgegen. Die hatte zur Bedingung gemacht, dass dem Kabinett keine Minister angehören dürften, die zu den alten Eliten zählen und zum Niedergang des Landes beigetragen haben. Wie das Wall Street Journal berichtet, erklärte sich allerdings bislang noch niemand bereit, der Koalition als Finanzminister zur Verfügung zu stehen.

Die Aufgabe gilt als undankbar, muss dieser doch den maroden Haushalt verwalten, mit der Troika über die bislang verfehlten Sparziele sprechen und dafür sorgen, dass Hunderttausende säumige Steuerzahler ihre Einkommensteuererklärung abgeben.

Zu den Kandidaten gehören:

[] Stavros Dimas (ND), ehemaliger EU-Kommissar für Umweltpolitik. Der 71-Jährige gilt nicht nur als erfahren und vom Volk durchaus geschätzt, sondern als ehemaliger EU-Bürokrat und Weltbank-Mitarbeiter vor allem als gut vernetzt. Es ist allerdings unsicher, ob sich Dimas den Job in seinem Alter antun möchte.

[] Kostis Hatzidakis (ND), der als Entwicklungsminister 2009 die Restrukturierung der staatlichen Fluggesellschaft Olympic Airlines (heute Olympic Air) durchführte. Er gilt als liberal, könnte aber als ehemaliger Minister bei den Demokratischen Linken auf Widerstand stoßen.

[] Chrysanthos Lazarides (ND), Samaras' Wirtschaftsberater. Einst Kommunist und am Studentenaufstand gegen die Militärjunta in Griechenland 1974 beteiligt. Als enger Vertrauer des designierten Premierministers den anderen Parteien allerdings schwer vermittelbar.

[] Giorgos Zanias, der Finanzminister der amtierenden Übergangsregierung. Er hätte den Vorteil, dass er sich bereits seit Mai in die aktuelle Situation einarbeiten konnte. Als ehemaliger Mitarbeiter der EU-Kommission, Weltbank und der Vereinten Nationen international akzeptiert. Er wäre ein Kompromisskandidat, dürfte aber als ehemaliger Generalsekretär im griechischen Finanzministerium von 2001 bis 2004 als durchaus vorbelastet gelten.

Bei der Wahl am Sonntag errangen ND 129, Pasok 33 und die Demokratische Linke 17 Sitze im 300-köpfigen Parlament. Damit haben die drei Parteien eine bequeme Mehrheit von 179 Abgeordneten. Auch bei einem Ausstieg der Demokratischen Linken könnten ND und Pasok weiterregieren. Das Linksbündnis Syriza hatte als zweistärkste Partei angekündigt, in die Opposition zu gehen.

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