Regierung:Sechs Gründe, warum Wladimir Putin einen Lauf hat

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Moskau (dpa) - Für Kremlchef Wladimir Putin ist das Jahr 2016 so gut gelaufen wie für kaum einen anderen Politiker. Russland bestimmt, was in Syrien geschieht. In den USA wird Donald Trump nächster Präsident, der will das Verhältnis zu Moskau verbessern.

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Moskau (dpa) - Für Kremlchef Wladimir Putin ist das Jahr 2016 so gut gelaufen wie für kaum einen anderen Politiker. Russland bestimmt, was in Syrien geschieht. In den USA wird Donald Trump nächster Präsident, der will das Verhältnis zu Moskau verbessern.

Putins internationale Isolation nach Russlands Übergriffen auf die Ukraine 2014 scheint vorbei. „Das Pokern des Kremls ist 2016 weitgehend aufgegangen, während das Blatt des Westens schlecht war und voll unangenehmer Überraschungen“, analysiert der russische Experte Maxim Trudoljubow.

Schon befürchten deutsche Sicherheitsbehörden, dass Russland in die Bundestagswahl 2017 eingreifen könnte. Aber warum ist Putin derzeit so stark? Sechs Gründe:

1) Putin macht aus begrenzten Mitteln viel

Wirtschaftlich ist sein Riesenreich immer noch klein und kommt nicht aus der Krise. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht Russland auf Platz zwölf zwischen Südkorea und Australien. Doch der Ölpreis ist nicht mehr ganz so tief im Keller wie 2015. Russlands Wirtschaft dürfte in diesem Jahr nur noch wenig geschrumpft sein.

Viele seiner Rubel investiert Putin ins Militär. Zwar ist sein Rüstungsetat nur der vierthöchste der Welt (2015: 63,5 Milliarden Euro). Doch die russische Armee hat sich in den letzten Jahren gesundgeschrumpft, hat modernere Waffen bekommen. Sie hat viel geübt und real gekämpft. Nur die US-Streitkräfte haben hat mehr Feuerkraft.

2) Putin setzt Macht erbarmungslos ein

In Syrien hat Russland in anderthalb Jahren das Blatt unerbittlich wieder zugunsten von Machthaber Baschar al-Assad gewendet. Russische Kampfjets flogen fast 71 000 Angriffe, töteten angeblich 35 000 bewaffnete Regimegegner - so die Bilanz von Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Treffer auf Schulen, Krankenhäuser? Tote Zivilisten? Die gab es aus Moskauer Sicht nicht. Aleppo wurde erobert. Größter Rückschlag für den russischen Feldzug war das Attentat auf Botschafter Andrej Karlow in der Türkei Anfang der Woche.

3) Niemand stört an der Heimatfront

Anders als Kanzlerin Angela Merkel muss Wladimir Putin keine Dreier-Koalition managen, in Russland entscheidet er allein. Sein Kurs wird nicht in Frage gestellt. Bei der Parlamentswahl waren die Regeln so gesetzt, dass die Kreml-Partei Geeintes Russland drei Viertel der Mandate bekam. 2018 steht eine Präsidentenwahl an. Wenn Putin antritt, dann wird für seinen Wahlsieg gesorgt werden.

4) Nicht jede Stärke muss echt sein

Der US-Geheimdienst CIA vermutet russische Hacker hinter den Angriffen auf Computer der Demokratischen Partei. Aber hat Russland damit wirklich Trump zum Sieg verholfen? Die Briten haben für den Austritt aus der EU votiert. Aber wollte Putin den Brexit?

Die neuen rechten Kräfte in Europa wie Front National, Alternative für Deutschland, UKIP - sie haben Verbindungen nach Russland. Die österreichische FPÖ schloss ein Abkommen mit Geeintes Russland. Aber macht Moskau tatsächlich die Rechtspopulisten groß? Putins Macht wächst auch dadurch, dass ihm dieser Einfluss zugetraut wird.

5) Die Schwäche der anderen

Vielleicht sah Putin 2016 so stark aus, weil viele andere Politiker in Schwierigkeiten steckten. Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, die EU-Spitzen Jean-Claude Juncker und Donald Tusk mussten sich mit Flüchtlingskrise, Brexit, Terror und Finanzproblemen plagen. In den USA war Barack Obama ein Präsident auf Abruf, der sich in Syrien nicht mehr engagieren konnte und wollte. Mindestens noch bis zu Trumps Amtsantritt hat Putin freie Hand.

6) Putin und der Zeitgeist

In Europa und den USA wird derzeit diskutiert, was schon lange Putins Themen sind: der Kampf gegen den Terror, die Grenzen der liberalen Gesellschaft. Rechte Kräfte werden stärker. „2016 stürzt die ganze nördliche Hemisphäre in eine autoritär-populistische „Gegenrevolution“, schrieb der polnische Publizist Adam Krzeminski unlängst in der „Frankfurter „Allgemeinen Zeitung“.

Doch die Verantwortung für diesen Zeitgeist liege nicht beim Kreml, meint der Experte Trudoljubow: „Es ist schließlich (der britische Außenminister) Boris Johnson, nicht Putin, der die EU ein Problem nennt. Trump, nicht Putin hält die Nato für überflüssig. Sie helfen Putin zu siegen, nicht umgekehrt.“

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