Regierung:Analyse: Wenig Streit und viel Gemeinsamkeit

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Erfurt (dpa) - Daumen hoch! Gleich zehnmal lässt Linke-Spitzenmann Bodo Ramelow auf Twitter seiner Freude freien Lauf. Seinem Ziel - der Eroberung der bisher von der CDU dominierten Thüringer Staatskanzlei - ist der 58-Jährige wieder einen Schritt näher gekommen.

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Erfurt (dpa) - Daumen hoch! Gleich zehnmal lässt Linke-Spitzenmann Bodo Ramelow auf Twitter seiner Freude freien Lauf. Seinem Ziel - der Eroberung der bisher von der CDU dominierten Thüringer Staatskanzlei - ist der 58-Jährige wieder einen Schritt näher gekommen.

Relativ geräuschlos haben sich Linke, SPD und Grüne mehr als zwei Monate nach der Landtagswahl auf ein Regierungsprogramm verständigt.

Schulter an Schulter und sichtbar erleichtert verkündeten die Spitzenleute der drei Parteien in Erfurt, es sei vollbracht: Auf dem Tisch liege ein gemeinsamer Koalitionsvertrag. Von stattlichen 105 Seiten spricht SPD-Verhandlungsführer Andreas Bausewein.

Der neue Thüringer SPD-Chef hat schwierige Wochen und heftige Debatten hinter sich. Das Misstrauen gegenüber der Linken, und damit den Rechtsnachfolgern der SED, ist 25 Jahre nach dem Fall der Mauer groß - nicht nur bei vielen Sozialdemokraten. Doch das scheint den fast Zwei-Meter-Mann nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen nicht anzufechten. „Wir haben eine gute Grundlage für eine gemeinsame Regierung“, sagt Bausewein.

Von einer „grundsätzlichen Verständigung“ spricht die Verhandlungsführerin der Linken, Susanne Hennig-Wellsow. Die junge Parteichefin der Linken hatte die Zügel bei den wochenlangen Verhandlungen fest in der Hand. Selbst Ramelow, der gern scharfzüngig agiert, hielt sich an die Abmachung, Verhandlungsergebnisse nicht zu kommentieren - außer mit Symbolen auf Twitter.

Beim letzten Akt der Koalitionsverhandlungen gab es zumindest noch etwas Streit, als es um den Zuschnitt der Ministerien ging. Noch ist alles geheim, die Verhandlungsführer schweigen und verweisen auf die Präsentation des Koalitionsvertrags an diesem Donnerstag in Erfurt.

Doch einiges sickerte schon durch: Die Grünen mit einem Wahlergebnis von 5,7 Prozent bekommen zwei Ministerien - Umwelt/Naturschutz/Energie sowie Migration/Justiz/Verbraucherschutz. Die SPD erhält gleich drei Kernressorts: Finanzen, Wirtschaft/Wissenschaft und das Innenministerium. Die Linke, die mit 28,2 Prozent zehn Prozentpunkte stärker ist als die beiden Partner zusammen, bescheidet sich mit drei Ressorts, darunter Arbeit und Soziales sowie Bildung, und dem Minister in der Staatskanzlei.

Immer wieder hatten Ramelow und Hennig-Wellsow darauf verwiesen, dass die in Thüringen traditionell starke Linke ihre Hausaufgaben gemacht habe. Professionell und mit Beratern aus Berlin wurde das Projekt R2G (Rot-Rot-Grün) angegangen. Ein erster Anlauf 2009 in Thüringen war gescheitert. Auch, weil die Linke „siegesbesoffen“ war, wie Ramelow rückblickend meint.

Schon vor der Landtagswahl am 14. September hatte die Linke die seit Jahren zaudernde SPD und die Grünen mit Zugeständnissen gelockt: Der Verzicht auf die Linke-Dauerforderung nach Abschaffung des Verfassungsschutzes gehörte ebenso dazu wie die Zusage, niemanden, der mit dem DDR-Staatssicherheitssystem in Verbindung stand, in die Regierung zu schicken. Im Koalitionsvertrag stehen nun Projekte wie ein beitragsfreies Kita-Jahr oder mehr Geld für Kommunen und freie Schulen. „Es muss nicht alles anders werden, aber wir können vieles besser machen“ - hatte Ramelow im Wahlkampf plakatiert.

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