Reformen:Wiedervorlage zum Jahresende

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Wie erwartet spalten die neuen Ideen für die Eurozone die Mitglieder. Deswegen: Vertagung.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Wer einen Euro-Gipfel einberuft, sollte auch etwas erreichen wollen. Nicht weniger als "konkrete Reformbeschlüsse" für die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk gefordert, doch am Ende füllt die Abschlusserklärung nur eine gute halbe DIN-A4-Seite. Von den großen Reformen, die schon vor mehr als einem halben Jahr in Aussicht gestellt worden waren, bleiben die Euro-Staaten weit entfernt. Am Freitag zeigte sich einmal mehr, wie zerstritten die Länder untereinander sind, wenn es um die Zukunft der gemeinsamen Währung geht.

Das einzig Konkrete in der Gipfelerklärung ist die Einigung auf die Letztabsicherung für jenen Fonds, der für die Abwicklung der Banken zuständig ist. Diese Letztabsicherung soll künftig beim Euro-Rettungsfonds ESM angesiedelt sein. Im EU-Jargon nennt sich das "common backstop". Der Abwicklungsfonds, in den die Banken bis 2024 einen Betrag von gut 60 Milliarden Euro einzahlen sollen, wird mit einer ESM-Kreditlinie in etwa derselben Höhe aufgestockt. Damit soll es genug Sicherheitspolster geben für den Fall, dass die Mittel des Abwicklungsfonds bei einer Bankenpleite nicht ausreichen. Unklar ist aber, wie hoch der Backstop tatsächlich ausfallen soll. Und offen ist auch, ob die nationalen Parlamente über eine Kreditgewährung mitentscheiden sollen. So steht es bislang in den ESM-Regeln.

Der Rettungsfonds selbst soll jedenfalls "gestärkt" werden. Bis Dezember sollen die Euro-Finanzminister einen Arbeitskatalog für die weitere Entwicklung des ESM erstellen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drängte zwar darauf, bereits im Oktober erneut zu einem Euro-Gipfel zusammenzukommen. Doch angesichts der Trägheit der Eurogruppe und ihrem Vorsitzenden Mário Centeno, dem insbesondere die Nord-Staaten misstrauen, erscheint das nicht realistisch. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, die Zukunft der Währungsunion erst wieder im Dezember auf die Tagesordnung zu nehmen.

Bis dahin sind die Euro-Finanzminister "eingeladen", an einem Plan für Verhandlungen über eine Einlagensicherung zu arbeiten. Übersetzt heißt das: Die gemeinsame Haftung für Spareinlagen im Euro-Raum wird nicht so schnell kommen - wenn überhaupt. Erst sollen weiter faule Kredite in den Bankbilanzen abgebaut werden, was ganz im Sinne Deutschlands ist.

Während Macron am Freitag versuchte, das Reformtempo zu erhöhen, bremste der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte den Eifer des Franzosen. Der Mann aus Den Haag hat sich an die Spitze der sogenannten Hanseatischen Liga gesetzt, die einen Großteil der deutsch-französischen Vorschläge zur Euro-Reform ablehnt. Das gilt vor allem für das von Paris und Berlin vorgeschlagene Budget für die Euro-Zone, das zwölf EU-Staaten für unnötig halten. Nicht alle meldeten sich am Freitag zu Wort, woraus Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den kühnen Schluss zog, dass es wohl doch nicht zwölf Staaten seien, die ein solches Budget ablehnten.

Wie es aussieht, dürfte diese Debatte erst im Zuge der Verhandlungen über den nächsten EU-Haushaltsrahmen ab 2021 beendet werden. Was die anderen Themen betrifft, heißt es: Wiedervorlage im Dezember.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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