Reform des Gesundheitswesens:Privatkassen sorgen für Ärger in der Union

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Als erster prominenter CDU-Politiker hat der Stuttgarter Ministerpräsident Oettinger verlangt, dass auch Privatversicherte in einen möglichen Gesundheitsfonds einzahlen sollten. Die CSU hält dies für "völlig indiskutabel".

Andreas Hoffmann und Kassian Stroh

Die Rolle der privaten Krankenversicherungen wird zu einem zentralen Streitpunkt der geplanten Gesundheitsreform. Als erster prominenter CDU-Politiker verlangte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, dass auch Privatversicherte in einen möglichen Gesundheitsfonds einzahlen sollten. Der Vorsitzende der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, Joachim Herrmann, nannte dies "völlig indiskutabel". Auch der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn zeigte sich von Oettingers Vorstoß irritiert. In hochrangigen CDU-Kreisen hieß es, es sei noch nichts entschieden.

Mit der Debatte um die Privaten Krankenversicherer (PKV) treten die Reformgespräche in eine heiße Phase. Wie es in Kreisen von CDU, CSU und SPD übereinstimmend heißt, ist für das Gelingen der Reform entscheidend, wie mit der PKV umgegangen werde. Bislang hatte die Union eine Einbeziehung der Privaten in den geplanten Gesundheitsfonds stets abgelehnt, worauf aber die SPD drängt.

In der Welt am Sonntag verlangte Oettinger nun als erster Spitzenpolitiker der Union, dass auch die Privatversicherten in den Fonds einzahlen sollten, um die Einnahmebasis zu stärken. "Auch die Privatversicherten sollten einzahlen, wenn die Kassen dadurch nicht schlechter gestellt werden und ihre unternehmerische Freiheit behalten", sagte er.

In hochrangigen Unionskreisen wurden Oettingers Äußerungen mit Skepsis aufgenommen. "Da ist noch gar nichts entschieden", hieß es. Es gebe zudem verfassungsrechtliche Hürden, und auch die Krankenversorgung der Beamten werde berührt. Deswegen sei eine Einbeziehung der Privaten kaum möglich, hieß es.

CSU verteidigt Privatkassen

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, der auch in der Expertengruppe über die Reform mitverhandelt, zeigte sich von Oettinger irritiert.

Er könne dessen Aussage nur begrenzt nachvollziehen, sagte er der Südeutschen Zeitung. Mit Blick darauf, dass die Privatkassen möglicherweise jeden Bürger versichern müssten, sagte er: "Wenn die PKV künftig nur eine Basisabdeckung mit Kontrahierungszwang anbietet, ist das Geschäftsmodell der Privaten tot."

Heftige Kritik kam aus der CSU. Eine Einbeziehung der Privaten sei für seine Partei "völlig indiskutabel", sagte Joachim Herrmann, Chef der CSU-Landtagsfraktion, der SZ. Die Privatkassen arbeiteten erfolgreich und kosteten den Steuerzahler nichts. Zudem ergebe es keinen Sinn, auf ihre Rücklagen zu verzichten, sagte er. "Im Gegenteil: Wir bräuchten bei den gesetzlichen Kassen mehr Vorsorge."

Zuvor hatte es CSU-Vize Barbara Stamm abgelehnt, die Privaten einzubeziehen. Am Freitag hatte sich die CSU-Spitze erstmals offen für das Fondsmodell gezeigt, nachdem sie zuvor nur Kritik geübt hatte. Herrmann hatte den Fonds vor zwei Wochen noch als "völlige Fehlkonstruktion" bezeichnet.

Merkel: Bürger müssen mehr für die Gesundheit zahlen

Ebenfalls am Freitag hatte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) von Fortschritten bei den Gesprächen berichtet, ohne Details zu nennen. Basis der Reform soll ein Fonds werden, in den Firmen und Arbeitnehmer einzahlen und aus dem die Kassen Beiträge erhalten. Vieles ist aber unklar.

Unterdessen bekräftigte Kanzlerin Angela Merkel, dass die Bürger künftig für die Gesundheit mehr aufwenden sollen. Auf einer Unionstagung sagte sie: "Ich kann nicht verlangen von der Politik in einer solchen Reform, dass sich alles ändert, aber niemand was merkt."

Mit welchen Lasten die Bürger rechnen müssen, ist offen. Nach SZ-Informationen ist bisher nicht geplant, dass die Menschen die Kosten für Krankengeld oder private Unfälle selbst abdecken sollen. Dies hatten einige Medien berichtet.

© SZ vom 12.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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