Reaktion auf die Anschläge in Bayern:Facebook soll Ermittlern schneller helfen

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Die Innenminister mehrerer Bundesländer fordern ein Gesetz, um schneller an Nutzerdaten gelangen zu können.

Von Simon Hurtz und Ronen Steinke, München

Innenpolitiker mehrerer Bundesländer beklagen, dass soziale Netzwerke wie Facebook nur zögerlich mit deutschen Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, selbst wenn es um die Aufklärung schwerer Straftaten geht. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte deshalb eine Gesetzesänderung, um Facebook zur Herausgabe von Nutzerdaten zwingen zu können. Bisher können deutsche Behörden dies nicht, weil der Firmensitz von Facebook in den USA liegt. Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es darf keine Frage der Geschäftsbedingungen oder des Standortes des Servers sein, ob Betreiber von sozialen Netzwerken die Sicherheitsbehörden unterstützen."

Wie bedeutsam Daten aus sozialen Netzwerken für Strafverfolger geworden sind, zeigen derzeit die Ermittlungen zum Selbstmordattentat von Ansbach. Das bayerische Landeskriminalamt wertet mehr als Tausend Seiten Chat-Verläufe, Freundeslisten und Facebook-Kommentare aus, die offenbar eine Verbindung des Attentäters zu einem IS-Kontaktmann in Saudi-Arabien belegen. Die Regierung Saudi-Arabiens hat den deutschen Ermittlern bereits ihre Unterstützung zugesichert. Um auf diese Spur zu kommen, waren die Deutschen aber viel mehr auf die Unterstützung von Facebook in den USA angewiesen. Ob sie diese bekommen, entscheidet sich bisher allein auf der Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung.

Bayerns Innenminister Herrmann beklagte, dass Facebook letztlich nicht einmal der Hälfte der Anfragen von deutschen Sicherheitsbehörden stattgebe. Die Erfolgsquote lag zuletzt nur bei 42 Prozent, wie sich aus der von Facebook selbst halbjährlich veröffentlichten Statistik zu Behördenanfragen ergibt. Diese Quote ist im internationalen Vergleich niedrig. Sie ist nur halb so hoch wie in den USA, was von Herrmann als Beleg für mangelnde Kooperationsbereitschaft gewertet wird.

Allerdings stellen die deutschen Behörden nicht nur Anfragen in Bezug auf Gewaltkriminalität, sondern zuletzt sehr oft auch in Bezug auf beleidigende oder hetzerische Einträge. Auch weil Facebook im Zweifel für die Meinungsfreiheit entscheidet und viele dieser Anträge ablehnt, fällt die Erfolgsquote in Deutschland insgesamt so niedrig aus. Sicherheitsbehörden des Bundes wollten sich Herrmanns Kritik an Facebook nicht zu eigen machen und sprachen von guter Zusammenarbeit, wie auch eine Sprecherin des Unternehmens.

Dennoch erhielt der bayerische Innenminister für seine Forderung nach einem neuen Gesetz Unterstürzung selbst aus der Opposition. "Es ist überfällig, diesen ganzen Bereich zu verrechtsstaatlichen", sagte der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, der Süddeutschen Zeitung. Der Vorschlag, die Zusammenarbeit zwischen Behörden und sozialen Netzwerken auf eine Rechtsgrundlage zu stellen, sei zu begrüßen. Es gehe um höchstpersönliche Daten, da seien klare Regeln nötig, wie sie auch für herkömmliche Mittel der Strafverfolgung wie Telefonüberwachung gälten.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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