Raketentests:China übt scharfe Kritik an Nordkorea

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Der engste Verbündete Pjöngjangs kündigt eine "notwendige Antwort" auf die Starts an. Japan fordert härtere Sanktionen. Und US-Präsident Trump sagt: "Reden ist nicht die Antwort."

Von Christoph Giesen und Kai Strittmatter, Peking

Der Druck auf Nordkorea steigt: Am Dienstagabend verurteilte der UN-Sicherheitsrat in New York den jüngsten Abschuss einer Mittelstreckenrakete in einer Sondersitzung einstimmig als "empörend". China, der engste Verbündete Pjöngjangs, bekräftige am Mittwoch, es werde die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea vollständig umsetzen. Außenminister Wang Yi erklärte, China werde mit den anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats beraten, wie am besten auf den Raketentest zu reagieren sei. Wang sagte, ungeachtet der langjährigen Beziehungen zwischen Peking und Pjöngjang sehe China sich zum Handeln gezwungen. Die "notwendige Antwort" werde kommen.

Gespräche mit Nordkorea lehnte Donald Trump am Mittwoch ab. "Reden ist nicht die Antwort", schrieb der US-Präsident auf Twitter, man habe 25 Jahre lang mit Pjöngjang verhandelt und "Erpressungsgeld" gezahlt. Kurz zuvor hatte Nordkorea mit weiteren Raketenabschüssen gedroht: Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur sagte Machthaber Kim Jong-un, nötig seien Tests "mit dem Pazifik als Ziel" - dort befindet sich die US-Insel Guam, in deren Richtung Nordkorea schon einmal zu schießen gedroht hatte.

In Japan und Europa werden derweil Forderungen nach erneut schärferen Sanktionen lauter, um den Provokationen zu begegnen. Damit wäre vor allem China gefordert, das etwa 90 Prozent von Nordkoreas Außenhandel abwickelt. Vor wenigen Wochen stoppte Peking den Import nordkoreanischer Kohle, bisher ein Milliardengeschäft. Seit der jüngsten Verschärfung lässt China auch kein Eisen, kein Blei und keine Meeresfrüchte aus Nordkorea mehr ins Land und hat Nordkoreanern untersagt, Firmen in China zu gründen.

Durch diese Schritte sollen die Deviseneinnahmen des Regimes in Pjöngjang beschränkt werden. Noch immer aber fahren täglich Hunderte Lastwagen aus China über die Grenze. In den Supermärkten in Pjöngjang kann man weiter Waren aus aller Welt kaufen: Bier aus Deutschland, Käse aus Frankreich, Whisky aus Schottland.

Seit Diktator Kim 2011 an die Macht kam, hat sich in Nordkorea eine zunehmend wohlhabende Oberschicht herausgebildet. Etwa 2000 Familien in Pjöngjang, schätzen Diplomaten, verfügen über ein Monatseinkommen von 5000 bis 10 000 Dollar. 40 000 weitere Familien verdienen demnach zwischen 500 und 3000 Dollar. Um die Neureichen bei Laune zu halten, hat Kim in der Hauptstadt etliche Attraktionen bauen lassen. Mitten im Sommer kann man Schlittschuh laufen oder ein Delfinarium besuchen. Außerhalb der Hauptstadt hat sich jedoch wenig verändert. Dort sind Strom und Lebensmittel weiterhin knapp.

Um Nordkoreas Elite zu treffen, müssten Dinge des täglichen Bedarfs verknappt werden, etwa Treibstoff. Der Großteil wird von chinesischen und russischen Unternehmen geliefert, Pjöngjang scheint sich bereits auf einen Stopp vorzubereiten. Seit April sind die Benzinpreise um mehr als 70 Prozent gestiegen. Wie lange Nordkorea ohne Treibstofflieferungen auskäme, ist unklar - Schätzungen reichen von drei Tagen bis hin zu einem halben Jahr.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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