Radikalisierung:Lebenslang für Nadia

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Eine Deutsch-Marokkanerin ist in Bagdad wegen Mitgliedschaft in der Dschihadistenmiliz IS verurteilt worden. Der Verfassungsschutz warnt derweil vor radikalisierten Kindern aus islamistischen Familien in Deutschland.

Eine deutsche Staatsbürgerin ist am Montag im Irak wegen Mitgliedschaft in der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Bei der Verurteilten, deren Namen das Gericht in Bagdad nur mit Nadia angab, handelt es sich um die Tochter der Deutsch-Marokkanerin Lamia K., die im Irak wegen IS-Mitgliedschaft zunächst zum Tode verurteilt worden war. Das Urteil wurde später in lebenslänglich umgewandelt. Die 22 Jahre alte Nadia hat nun 30 Tage Zeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Lebenslänglich bedeutet im Irak in der Regel 20 Jahre Haft.

Der Verfassungsschutz warnt vor radikalisierten islamistischen Kindern

Lamia K. und ihre Tochter Nadia waren vor einem Jahr von irakischen Soldaten in der einstigen IS-Hochburg Mossul im Nordirak festgenommen und später von der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft vor Gericht gestellt worden. Sie sei mit Mutter und Tochter aus Syrien in den Irak gekommen, "um vor den IS-Leuten zu fliehen", sagte die junge Deutsche in der Verhandlung, die in Syrien von ihrem Mann, einem IS-Mitglied, verstoßen worden war. Nadias Verteidiger führte in der Verhandlung aus, dass sie zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Taten minderjährig gewesen sei. Die Hochzeit seiner Mandantin mit dem IS-Dschihadisten bezeichnete er als "Vergewaltigung durch eine bewaffnete Gruppe, keine von einem Erwachsenen bewusst getroffene Entscheidung". Nadias Mutter Lamia K. war im Januar vom Strafgericht in Bagdad zunächst zum Tod durch Erhängen verurteilt worden. Es handelte sich um das erste Todesurteil, das die irakische Justiz gegen eine europäische Frau verhängte. Im April wurde es in eine Haftstrafe umgewandelt. Das für Terrorismus zuständige Strafgericht in Bagdad verurteilte am Montag zudem einen 58-jährigen französischen Staatsbürger zu lebenslanger Haft. Auch ihm wurde vorgeworfen, sich dem IS angeschlossen zu haben.

Der Verfassungsschutz warnt derweil vor radikalisierten Kindern aus islamistischen Familien in Deutschland. Die Sozialisation von Kindern durch ein islamistisches familiäres Umfeld sei "besorgniserregend", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gehe um eine "niedrige dreistellige Zahl" islamistischer Familien mit mehreren Hundert Kindern. Sie stellten "ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial" dar. Die Altersgrenze zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz war im Jahr 2016 von 16 auf 14 Jahre gesenkt worden. Es gebe "durchaus Anhaltspunkte dafür", diese Grenze weiter herabzusetzen, sagte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Montag. Man sei aber noch nicht zu abschließenden Ergebnissen gelangt.

© SZ vom 07.08.2018 / AFP, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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