Racial-Profiling-Studie:Lambrecht stellt sich gegen Seehofer

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Die Bundes­justiz­ministerin besteht auf Rassismus-Studie bei der Polizei - der Innenminister hält diese für unnötig.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In der Bundesregierung ist es zum Zwist über den Umgang mit dem sogenannten Racial Profiling gekommen, Polizeikontrollen nur aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft. Internationale Konventionen verbieten dieses Vorgehen, die EU-Kommission forderte die Bundesregierung erst kürzlich auf, möglicherweise diskriminierende Fahndungsmethoden zu untersuchen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigten Anfang Juni eine Studie dazu an. Nun hat Seehofer das Vorhaben für unnötig erklärt. "Sogenanntes Racial Profiling ist unzulässig. Das wird in der Ausbildung auch gelehrt und findet nicht statt", sagte sein Sprecher am Montag. Lambrecht will hingegen an der Studie festhalten.

"Es geht überhaupt nicht darum, irgendjemanden unter einen Generalverdacht zu stellen. Sondern es geht darum, einfach den Sachstand zu ermitteln und zu wissen, wo wir stehen und wie wir auch gegensteuern können", sagte Lambrecht dem ARD-"Morgenmagazin". Federführend bei einer Untersuchung zu ethnischem Profiling sei nicht ihr Haus, sondern das Bundesinnenministerium. "Es wäre aber wichtig, dass wir diese Studie durchführen könnten." Lambrecht will sich nun bei Seehofer für die Untersuchung einsetzen. Die Ministerin bleibe bei ihrer Einschätzung, sagte ein Sprecher am Montag in Berlin.

Ethnisches Profiling bezeichnet Polizeikontrollen, die nicht durch das Verhalten einer Person veranlasst werden, sondern lediglich durch deren Aussehen oder die ethnische Herkunft. Sie sind verboten. Der Vorwurf diskriminierender Fahndungsmethoden wird oft im Zugverkehr oder bei Grenzübertritten erhoben. Meist ist die Bundespolizei damit konfrontiert. Seit 2012 registrierte sie nach eigenen Angaben 25 Rassismusverdachtsfälle, von denen 16 durch interne Hinweise bekannt geworden seien. Kritiker gehen von einer weit höheren Dunkelziffer aus. Insbesondere nicht-weiße Männer beklagen rassistisch motivierte Polizei- und Verkehrskontrollen.

Vor drei Wochen kündigte der Sprecher des Bundesinnenministeriums an, man befinde sich mit dem Justizministerium "in der konzeptionellen Entwicklung" einer Studie zu Racial Profiling. Gegenüber Zeit online aber erklärte das Ministerium nun, Seehofer sehe "keinen Bedarf" für eine solche Studie. Diskriminierende Kontrollen seien ohnehin verboten. Auf die Frage, was sich denn seit Juni geändert habe, erklärte sein Sprecher, er habe sich damals "unpräzise" ausgedrückt. Seehofer kämpfe auch weiter entschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sei beauftragt, bis Herbst einen Lagebericht über extremistische Entwicklungen im öffentlichen Dienst zu erstellen. Erkenntnisse daraus sollten "erst mal umgesetzt werden, bevor neue Maßnahmen implementiert werden". Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sieht keinen Handlungsbedarf. Schon jetzt sei es so, dass diskriminierende Fahndungsmethoden "rechtswidrig sind und weder praktiziert noch gelehrt werden"

© SZ vom 07.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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