Putins Kronprinz Medwedjew:Präsident Plüschbär

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Am Sonntag demonstriert Wladimir Putin seine Macht über Russland - er wird seinen auserkorenen Nachfolger zum Präsidenten wählen lassen. Noch nehmen die Russen Dmitrij Medwedjew nicht allzu ernst - doch das könnte sich bald ändern.

Sonja Zekri

Die Frage nach den Porträts ist mehr als ein Detail. Wessen Bild werden russische Beamte demnächst in ihre Büros hängen? Das von Dmitrij Medwedjew, dessen Sieg bei der Wahl am Sonntag niemand bezweifelt? Oder das des künftigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin?

Putins Kronprinz Medwedjew: Unter Russlands Kindern ist die Entscheidung gefallen. Eine Zeitung hatte zum Wettbewerb "Zeichne den zukünftigen Präsidenten Russlands" aufgerufen - eingesandt wurden nur Bilder, die Dmitrij Medwedjew zeigen.

Unter Russlands Kindern ist die Entscheidung gefallen. Eine Zeitung hatte zum Wettbewerb "Zeichne den zukünftigen Präsidenten Russlands" aufgerufen - eingesandt wurden nur Bilder, die Dmitrij Medwedjew zeigen.

(Foto: Foto: AFP)

Vor allem: Wird Putin ein Medwedjew-Bild in sein Amtszimmer hängen? Auf der letzten Jahrespressekonferenz hatte er abgewiegelt: Für ein gutes Verhältnis zu Medwedjew brauche er dessen Bild nicht, in ihrer Beziehung liege ohnehin eine "gewisse Einmaligkeit", schließlich sei er, Putin, selbst Präsident gewesen und habe seine Sache "im Ganzen nicht schlecht gemacht".

Seit Monaten erwägen politische Kommentatoren die Risiken und Chancen dieser "einmaligen" Konstellation. Sie bemühen sogar Vergleiche aus dem 17. Jahrhundert. "Damals saß der erste Romanow-Zar Michail I. auf dem Thron, in Wahrheit aber regierte sein Vater, der Mönch Filaret.

Es war die Periode nach der Zeit der Wirren, das Volk sehnte sich nach Stabilität", sagt Alexej Makarkin, Vizedirektor des Moskauer Zentrums für Politische Technologie. "Aktuellere Beispiele gibt es nicht. Als Viktor Tschernomyrdin als Ministerpräsident zu mächtig wurde und Präsident Jelzin ablösen wollte, wurde er entlassen."

Zwar beteuern Putin und Medwedjew, dass sie ihre jahrelange harmonische Zusammenarbeit demnächst ebenso harmonisch fortsetzen werden. In Wahrheit aber könnte die Doppelherrschaft aus Putin, dem derzeit mächtigsten Politiker des Landes, und dem farblosen Managertypen Medwedjew das Ende des bisherigen Machtgefüges zwischen Präsident und Ministerpräsident, zwischen Kreml und Weißem Haus, bedeuten.

Herr über die Geheimdienste

Die Verfassung nämlich sieht für den Ministerpräsidenten eher eine dienende als eine gestaltende Rolle in der Politik vor. Der Ministerpräsident kann das Kabinett und den Haushalt vorschlagen, aber der Präsident kann ihn jederzeit entlassen, ein Recht, von dem sowohl Präsident Putin als auch Boris Jelzin ausgiebig Gebrauch gemacht haben.

Dass Putin sich seine künftige Aufgabe etwas breiter vorstellt, hat er unlängst dargelegt. Der Präsident sei zwar der Garant der Verfassung, ein "Symbol" wie die Flagge; der Ministerpräsident aber könne Haushalt und Kabinett vorstellen, die Grundlagen der Finanz- und Außenpolitik entwerfen, er entscheide in Fragen der Bildung, Gesundheit, Wirtschaft und Sicherheit. Das klang, als erfülle das Staatsoberhaupt vor allem repräsentative Funktionen. Als sei er ein dekoratives Symbol - wie die Queen.

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