Puerto Rico:Gouverneur kündigt wegen "Chatgate" Rücktritt an

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  • Nach anhaltenden Massenprotesten hat Puerto Ricos Gouverneur Ricardo Rosselló seinen Rücktritt für den 2. August angekündigt.
  • Auslöser der Proteste war die Veröffentlichung von Nachrichten einer privaten Chat-Gruppe zwischen Rosselló und elf Vertrauten, in denen sie sich abschätzig über mehrere Personen äußerten.

Puerto Ricos Gouverneur Ricardo Rosselló will als Konsequenz aus der Enthüllung menschenfeindlicher und vulgärer Online-Chats nun doch sein Amt niederlegen. Er werde zum 2. August zurücktreten, kündigte der Regierungschef des US-Außengebiets in der Nacht zum Donnerstag an. Zuvor hatte er einen vorzeitigen Abgang noch abgelehnt, jedoch erklärt, sich im kommenden Jahr nicht zur Wiederwahl stellen zu wollen.

Am 13. Juli waren etwa 900 Seiten umfassende Nachrichten aus der Instant-Messenger-App Telegram an die Öffentlichkeit gelangt, die der Gouverneur, elf seiner Vertrauten sowie Mitglieder seiner Regierung ausgetauscht hatten. Die Männer äußerten sich in Chats abfällig über mehrere Frauen. Rosselló mokierte sich unter anderem über einen stark übergewichtigen Mann, mit dem er einmal für ein Foto posiert hatte. Zielscheibe des Spotts werden auch Opfer des Hurrikans Maria, der 2017 auf der Insel zahlreiche Menschen in den Tod riss und schwere Verwüstungen anrichtete. Neben frauen- fanden sich auch homosexuellenfeindliche Äußerungen in den Chats.

Dem Skandal war eine Korruptionsaffäre vorausgegangen. Am 10. Juli hatte das FBI auf der Insel sechs Verdächtige wegen Unterschlagung von mehreren Millionen Dollar aus einem Gesundheits- und Bildungsfonds verhaftet, darunter zwei hochrangige Mitglieder von Rossellós Regierung.

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Seit Bekanntwerden der als "Chatgate" bekannten Affäre vor fast zwei Wochen gingen Hunderttausende empörte Puertoricaner auf die Straße und forderten seinen Rücktritt. Nachdem die Ankündigung kurz nach Mitternacht bekannt wurde, brachen Tausende Demonstranten vor dem Anwesen des Gouverneurs in Jubelschreie und Gesang aus.

Der 40-Jährige ist der Sohn eines ehemaligen Gouverneurs und der erste in der modernen Geschichte des Landes, der sein Amt niederlegt. Seine vierjährige Amtszeit ist nicht einmal zur Hälfte um. Justizministerin Wanda Vázquez wird den Posten übernehmen. Sie wird Puerto Ricos zweite weibliche Gouverneurin.

Puerto Rico, das die USA 1898 im Krieg gegen Spanien besetzten, hat den Status eines mit den USA assoziierten Freistaats. Seine Bürger haben die US-Staatsangehörigkeit, dürfen aber nicht an der Präsidentenwahl teilnehmen. Die Delegierten Puerto Ricos haben im Kongress in Washington kein Stimmrecht. 2017 sprach sich zwar die überwältigende Mehrheit der Wähler in einem Referendum für die Umwandlung in einen 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten aus; aber noch nicht einmal ein Viertel der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Es gibt derzeit keine Anzeichen, dass der US-Kongress das wirtschaftsschwache, mehrheitlich spanischsprachige Gebiet aufnehmen wird.

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