Prozess gegen Palin:"Troopergate" gerät außer Kontrolle

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Sarah Palin soll Druck ausgeübt haben, damit ihr Ex-Schwager aus der Polizei entlassen wird. Immer mehr Zeugen bestätigen dies.

Ulrich von Schwerin

Eine tote Elchkuh, zwei Dosen Bier und drei Dutzend Anrufe - die Affäre um die Entlassung des Beauftragten für öffentliche Sicherheit von Alaska, Walt Monegan, hat einiges von einer Provinzposse. Man könnte sie getrost der lokalen Presse überlassen, wenn die Hauptbeschuldigte in dem Skandal nicht Sarah Palin wäre - die Kandidatin für die Vizepräsidentschaft der Vereinigten Staaten.

Die Ermittlungen gegen Sarah Palin werden fortgesetzt. (Foto: Foto: Reuters)

Nachdem das Oberste Gericht von Alaska einen Antrag der Republikaner abgelehnt hat, das parlamentarische Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs einzustellen, darf der Untersuchungsbericht nun veröffentlicht werden. Um dem zuvorzukommen, ist Sarah Palins Kampagnenmanager am Freitagmorgen mit einer eigenen Darstellung der Affäre an die Öffentlichkeit gegangen. Darin versucht sie den Verdacht des Amtsmissbrauchs zu entkräften.

In dem Skandal, der in amerikanischen Medien als "Troopergate" läuft, wird Palin vorgeworfen, den Sicherheitsbeauftragten Walt Monegan im Juli 2008 gefeuert zu haben, weil er sich weigerte, den Trooper Mike Wooten zu entlassen. Dieser Staatspolizist ist der frühere Mann von Palins Schwester Molly und seit ihrer Scheidung 2005 und dem anschließenden Sorgerechtsstreit bei der Familie Palin Persona non grata.

Mehr als drei Dutzend Mal, so Monegan, habe Sarah Palin, ihr Ehemann Todd sowie verschiedene enge Mitarbeiter der Gouverneurin bei ihm angerufen, um Druck auszuüben. Wooten solle entlassen oder zumindest versetzt werden. In einer eidesstattlichen Erklärung hat Todd Palin jüngst versichert, dass der Druck auf Monegan von ihm ausgegangen sei und Sarah von den Anrufen nichts wusste. Diese Darstellung wird aber von Monegan zurückgewiesen. Er sei auch von der Gouverneurin selbst kontaktiert worden.

Auch die Behauptung Palins, von den weiteren Anrufen ihrer Untergebenen, die teilweise routinemäßig aufgezeichnet wurden, nichts gewusst zu haben, erscheint unglaubwürdig. Aus der Aufnahme eines Anrufs von Frank Bailey, einem engen Mitarbeiter Palins, geht hervor, dass Bailey im Namen Palins gefordert hat, endlich etwas gegen Wooten zu unternehmen. Dass er dies auf eigene Initiative getan hat, wie Palin nun behauptet, nehmen ihr viele nicht ab.

Der konkrete Vorwurf an Wooten ist dünn: Dieser habe eine Elchkuh ohne Genehmigung geschossen und sei nach zwei Dosen Bier angetrunken mit seinem Dienstwagen nach Hause gefahren.

Da diese Vergehen schon länger zurücklagen und die Untersuchung dazu längst abgeschlossen war, sah Monegan keinen Grund, den Polizisten zu versetzen oder gar zu entlassen. Zwar wurde Wooten darüber hinaus vorgeworfen, im Zuge des Streits um die Scheidung von seiner Frau Molly gedroht zu haben, ihren Vater zu erschießen, sollte er seiner Tochter einen Anwalt besorgen. Doch ließ sich dieser Vorwurf nicht erhärten.

Bereits einen Monat nach Antritt Sarah Palins als Gouverneurin in Alaska sei Monegan von ihrem Mann und persönlichen Berater Todd Palin ins Büro nach Anchorage bestellt worden, berichten US-Medien. Todd Palin habe ihn bei dem Treffen auf den Polizisten Wooten angesprochen und darauf gedrängt, dass sein Verhalten untersucht werde - insbesondere in Bezug auf die tote Elchkuh.

Da weder dies noch zahlreiche spätere Anrufe bei Monegan und seinen Mitarbeitern etwas bewirkten, habe Palin Monegan im Juli 2008 schließlich von seinem Posten abgezogen, so der Vorwurf. Offiziell führt Palin als Grund für die Entlassung die "nicht tolerierbare Insubordination" Monegans an. Dieser behauptet aber, Palin habe sich inhaltlich gar nicht für seine Arbeit interessiert.

Die Vizepräsidentschaftskandidatin steht nun zunehmend unter Druck. Ihr Versuch, die Anklage wegen Amtsmissbrauchs als politisch motiviert einstellen zu lassen, ist gescheitert. Angesichts ihrer peinlichen Auftritte in Interviews, ihrer spärlichen Kenntnisse der Außenpolitik und ihrer allgemeinen politischen Unerfahrenheit haben ohnehin viele Amerikaner Zweifel, ob sie geeignet ist, das Amt des Vizepräsidentin zu übernehmen.

Die Veröffentlichung des rund 300 Seiten starken parlamentarischen Untersuchungsberichts wird noch am Freitag erwartet. Die Parlamentarier können entscheiden, ob der Fall geschlossen, weiter untersucht oder an die Polizei zu strafrechtlichen Ermittlungen weitergegeben wird.

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