Proteste in Iran:Parlament will die "härteste Bestrafung"

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Politiker werden angegriffen, Verhaftete misshandelt: Irans Regime schüchtert die Opposition ein - und droht indirekt mit der Todesstrafe.

R. Chimelli

Nach den blutigen Zusammenstößen des Wochenendes setzt das iranische Regime die Unterdrückung und Einschüchterung von Oppositionellen fort. Parlamentssprecher Ali Laridschani verlas vor Abgeordneten eine Erklärung, in der er Justiz und Geheimdienste aufforderte, "für die härteste Bestrafung" all jener zu sorgen, die die Religion beleidigten. Allerdings will Laridschani, dass ein Unterschied zwischen demonstrierenden Gegenrevolutionären und politischen Bewegungen gemacht werden soll, welche im Rahmen des Systems agierten. Letztere wurden aufgefordert, sich von den Demonstranten zu distanzieren.

Bei den Protesten auf den Straßen von Teheran wurden in den vergangenen Tage viele Menschen verletzt - mindestens acht kamen ums Leben. (Foto: Foto: AFP)

Ein Vertreter von Irans geistlichem Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei forderte die Todesstrafe für Oppositionsführer. Diejenigen, die hinter den derzeitigen Unruhen steckten, seien Feinde Gottes und müssten nach den Gesetzen der Scharia hingerichtet werden, zitierte das staatliche Fernsehen den Geistlichen Abbas Waes-Tabasi. Präsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete die gegen die Regierung gerichteten Demonstrationen als widerwärtiges, vom Ausland gesteuertes "Spektakel". Das "Drehbuch" dafür hätten "Zionisten und Amerikaner" geschrieben.

Mehdi Karrubi, einer der Gegenkandidaten Ahmadinedschads im Sommer, wurde am Montag von regimetreuen Randalierern angegriffen, als er eine Feier in einer Moschee im Osten Teherans verließ. Sein Auto wurde verbeult und die Windschutzscheibe zerschlagen, bevor eine Menschenmenge die Angreifer vertrieb. Das Frauenmagazin Irandocht, das Karrubis Frau produziert, wurde durchsucht.

Unter den jetzt Verhafteten ist Mahmud Schamsolwaesin, der Vorsitzende des iranischen Journalistenverbandes. Eingesperrt wurde auch die Schwester der Friedensnobelpreis-Trägerin Schirin Ebadi. Sie selber ist seit sechs Monaten im Ausland. Die Pressesprecherin des von Schirin Ebadi betriebenen Menschenrechtszentrums, die Journalistin Narges Mohammadi, verlor schon vor drei Wochen ihre Arbeitsstelle bei einem Sozialzentrum. Ihr Mann hatte als Regimegegner zehn Jahre in Haft verbracht und ist seither gleichfalls arbeitslos. Insgesamt sind seit Sonntag laut oppositionellen Quellen etwa tausend Menschen verhaftet worden.

"Jetzt ist es so weit"

Die Organisation Amnesty International bezeichnet die Lage in Iran als "die schlechteste seit 20 Jahren". Sie spricht von "Folter und außergerichtlichen, willkürlichen Hinrichtungen". Der Chef der iranischen Menschenrechts-Liga, Karim Lahidschi, beklagt eine systematische Repression, wie es sie nie gegeben habe. Verhaftete würden sofort Misshandlungen unterworfen, um ihnen Geständnisse abzupressen. Als Kaution für die vorläufige Freilassung bis zum Urteil werden Summen verlangt, die bis zu umgerechnet 750000 Euro reichen. "Die Familien sind gezwungen, ihren Besitz zu verpfänden", sagt Lahidschi.

Der namhafte Wirtschafts-Journalist Said Leilas, verurteilt zu neun Jahren Gefängnis, durfte während bisher sechs Monaten Haft nur zwei Mal Besuch von seiner Frau empfangen. Niemals erfuhr er, wann sein Prozess stattfinden würde. "Jetzt ist es so weit. Du hast zehn Minuten, um deine Verteidigung vorzubereiten", eröffnete man ihm eines Tages. Sein Anwalt wurde nicht zur Verhandlung hinzugezogen, sondern erst nachher über das Urteil informiert.

© SZ vom 30.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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