Ex-IWF-Chef droht weitere Klage:Anzeige № 2: Französin belastet Strauss-Kahn

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Ex-IWF-Chef DSK droht neues Ungemach: Seit Freitag ist Dominique Strauss-Kahn wieder auf freiem Fuß - jetzt will auch eine Französin dem zurückgetretenen Chef des Internationalen Währungsfonds wegen versuchter Vergewaltigung anzeigen. Gibt es eine Wende nach der Wende? Strauss-Kahn jedenfalls verklagt die Autorin nun seinerseits - wegen Verleumdung.

Dem früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn droht nun auch in Frankreich ein Strafverfahren wegen versuchter Vergewaltigung. Die Autorin Tristane Banon werde am Dienstag in Paris Anzeige gegen Strauss-Kahn erstatten, sagte ihr Anwalt David Koubbi der Nachrichtenagentur Reuters. Das Schreiben werde der Staatsanwaltschaft am Mittwoch zugehen.

Die französische Autorin Tristane Banon will Dominique Strauss-Kahn anzeigen. (Foto: dpa)

Die Vorwürfe waren seit längerem bekannt: Banon wirft dem einstigen Chef des Internationalen Währungsfonds vor, sie 2002 auf dem Weg zu einem Interview sexuell bedrängt zu haben. Die damals 22-Jährige hatte auf Anraten ihrer Mutter, einer Kommunalpolitikerin in Strauss-Kahns sozialistischer Partei, auf eine Anzeige gegen den Freund der Familie verzichtet. Anwalt Koubbi sagte, seine Mandantin und er hätten sich "die nötige Zeit" gelassen, um sich nicht von der US-Justiz "instrumentalisieren" zu lassen.

Nach französischem Recht verjähren Sexualdelikte nach drei Jahren, bei versuchter Vergewaltigung beträgt die Frist jedoch zehn Jahre. Banon hatte im Mai im französischen Fernsehen erklärt, heute bedauere sie die damalige Entscheidung. Bei einem Dinner im Rahmen einer Fernsehsendung hatte sie bereits 2007 von der Begegnung mit Strauss-Kahn erzählt - damals war Strauss-Kahns Name aber vor der Austrahlung herausgeschnitten worden. Nachdem die Vorwürfe des Zimmermädchens aus New York bekannt geworden waren, entschloss sich Banon doch noch zu einer Anzeige. Schon im Mai hatte ihr Anwalt angekündigt, dass sie bald Klage einreichen wolle - jetzt ist es offenbar soweit.

Strauss-Kahn reagierte umgehend: Über seine Anwälte ließ er erklären, er habe Banons Pläne zur Kenntnis genommen. Die Vorwürfe seien "erfunden" und er habe seine Rechtsanwälte beauftragt, sie wegen Verleumdung zu verklagen.

Strauss-Kahn wird in den USA die versuchte Vergewaltigung einer Hotelangestellten vorgeworfen. Weil der Staatsanwaltschaft jedoch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin gekommen sind, könnte die Anklage in sich zusammenbrechen. Am Freitag hob ein Gericht in New York den Hausarrest gegen Strauss-Kahn auf. Seinen Reisepass erhält er aber vorerst nicht zurück.

Neue Freiheit beim Italiener gefeiert

Seine neue Freiheit hatte Dominique Strauss-Kahn am Wochenende in einem italienischen Nobel-Restaurant an Manhattans Upper East Side gefeiert. In Frankreich sorgt die Wende in dem Strafverfahren gegen den früheren IWF-Chef für politischen Wirbel. Noch am Wochenende hatten sich mehrere prominente Politiker der Sozialisten für eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2012 ausgesprochen, galt Strauss-Kahn doch als aussichtsreichster Herausforderer von Nicolas Sarkozy.

Doch es sieht so aus, als sei Strauss-Kahn nicht an einer Kandidatur interessiert: Dies sei das "unwahrscheinlichste Szenario" für dessen politische Zukunft, sagte Parteisprecher Benoit Haman in Paris. Für jemanden, der Derartiges durchgemacht habe wie Strauss-Kahn, sei eine Kandidatur "nicht der erste Gedanke". Strauss-Kahn brauche nun erst einmal Zeit "zum Durchatmen", so der Sprecher.

Auch Strauss-Kahns Parteifreund, der sozialistische Abgeordnete Jean-Christophe Cambadélis, sah keinen Hinweis darauf, DSK nun unbedingt in den Wahlkampf ziehen wolle. Strauss-Kahn habe ihn nicht gebeten, mit den Sozialisten über eine Verlängerung der Bewerbungsfrist zu sprechen, die kommende Woche abläuft; dies sei nicht die "Botschaft" des Gesprächs gewesen, das er zuletzt mit seinem Parteifreund geführt habe, sagte Cambadélis im Radiosender France Culture. Strauss-Kahn wolle, "dass er von der Ungerechtigkeit reingewaschen wird, die ihm widerfahren ist".

Politiker riefen Strauss-Kahn zur Rückkehr auf

Am Wochenende - also bevor bekannt wurde, dass Tristane Banons Anzeige unmittelbar bevorsteht - hatten mehrere sozialistische Politiker Strauss-Kahn aufgerufen, in die Politik zurückzukehren, darunter auch der frühere sozialistische Kulturminister Jack Lang. "Er wäre ein guter Kandidat", sagte Lang. An diesem Montag aber mahnte Parteichef Harlem Désir seine Parteifreunde zur Zurückhaltung: "Seien wir vorsichtig damit, Äußerungen auf der Basis von Informationen abzugeben, die noch nicht von den Ermittlern bestätigt sind."

Die Vorwahl der Sozialisten ist für Oktober geplant, mögliche Kandidaten müssen sich bis zum 13. Juli melden. Aber selbst wenn der frühere französische Finanzminister die Frist für die Bewerbung um die Kandidatur am 13. Juli verfehlen sollte, würde die Parteispitze einen späteren Antrag nicht unbedingt blockieren. "Ich bin bereit dafür, dass das Datum auf Ende August verlegt wird, damit es keine Einschränkungen gibt", sagte auch François Hollande, der größte parteiinterne Rivale Strauss-Kahns.

Bis zu seiner Festnahme im Mai galt Strauss-Kahn als wahrscheinlicher Kandidat der Sozialisten, um im kommenden Jahr gegen den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy anzutreten. Umfragen hatten ihm gute Chancen eingeräumt, die Wahl gegen Präsident Sarkozy zu gewinnen.

Strauss-Kahns Hausarrest wurde am Freitag aufgehoben, nachdem Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin aufgekommen waren. Die Anklage gegen ihn besteht allerdings weiterhin, auch das Land darf Strauss-Kahn nicht verlassen. Am 18. Juli muss er erneut vor Gericht erscheinen.

© AFP/Reuters/dapd/hai/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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