Portugal:Sozialisten gewinnen Parlamentswahl

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Wahlsieger mit den Sozialisten: Ministerpräsident Antonio Costa. (Foto: AFP)

Ministerpräsident António Costa kann weiterregieren, wird laut Prognosen aber wieder Unterstützung brauchen.

Von Thomas Urban, Madrid

Erwartungsgemäß haben die regierenden Sozialisten (PS) die Parlamentswahlen in Portugal mit großem Vorsprung gewonnen. Somit dürfte Ministerpräsident António Costa im Amt bleiben. Ersten Hochrechnungen zufolge erreichte die PS 38 Prozent der Stimmen, ein Plus von knapp sechs Punkten gegenüber den Wahlen von 2015. Sechs Punkte hinter der PS - und damit wesentlich besser als erwartet - lag die oppositionelle Sozialdemokratische Partei (PSD), die trotz ihres Namens liberalkonservativ ausgerichtet ist; auf europäischer Ebene ist sie mit CDU und CSU verbündet. Gegenüber 2015 hat sie fünf Punkte eingebüßt.

Regierungschef Costa, der von Einwanderern aus der einstigen portugiesischen Exklave Goa auf dem indischen Subkontinent abstammt, bleibt somit in Europa derzeit der erfolgreichste Politiker aus der Parteienfamilie der Sozialisten und Sozialdemokraten. Allerdings lag die Wahlbeteiligung bei ganzen 52 Prozent.

Costa hatte bisher ein Minderheitskabinett geführt, es stützte sich auf zwei linke Fraktionen: den Linksblock (BE), der im Nachbarland Spanien im Bündnis Unidas Podemos seinen Partner hat, sowie die Demokratische Einheitsunion, ein Zusammenschluss von Kommunisten und Grünen. Diese beiden Gruppierungen zogen ebenfalls erneut ins Parlament ein, verloren aber beide an Stimmen: Der BE erreichte den Prognosen zufolge 7,5 Prozent, die CDU knapp fünf Prozent. Wahlnachfragen ergaben, dass ein Teil ihrer Wähler zur PS Costas abgewandert ist.

Von der genauen Verteilung der Mandate, die erst für den Montagmorgen erwartet wurde, hängt ab, auf wen Costa sein künftiges Kabinett stützen kann. Die PS ist zwar weit von der absoluten Mehrheit der Mandate entfernt, doch kann keine Regierung gegen sie gebildet werden, da ein Zusammengehen der Linksgruppierungen mit den konservativen Parteien ausgeschlossen wird. Der konservative Oppositionsführer Rui Rio bekundete zwar seine Bereitschaft, im Interesse der Stabilisierung des Landes über eine große Koalition zu verhandeln. Dies wäre ein Novum für Portugal, doch gilt ein derartiges Kabinett als unwahrscheinlich. Rechtspopulistische Parteien spielen in Portugal keine Rolle.

Sozialistische Politiker sprachen am Wahlabend von einem "großen Sieg" und kündigten eine "stabile Regierung" an. In Lissabon rechnen die meisten Kommentatoren mit einer Fortsetzung des bisherigen Kurses, das würde bedeuten: Costas Minderheitskabinett macht ab und zu den Linksextremen kleinere Zugeständnisse, hält aber grundsätzlich am Kurs der wirtschaftlichen Sanierung fest. So hat Finanzminister Mário Centeno versucht, eine schwarze Null im Haushalt einzuhalten, er wird sie zum Jahresende mit einem zu erwartenden Defizit von 0,2 Prozent knapp verfehlen. Allerdings fordern die linksextremen Fraktionen ein milliardenschweres Konjunkturprogramm. Dies jedoch würde gegen die Vorgaben der EU verstoßen, die gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank vor acht Jahren Portugal mit einem Kreditpaket über 78 Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott rettete. Deshalb lehnt Centeno ein solches Programm entschieden ab.

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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