Politik kompakt:Verzicht auf den grünen Guido

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Jürgen Trittin mahnt die Grünen angesichts des Umfragehochs vor Überheblichkeit - und will für die nächste Bundestagswahl keinen eigenen Kanzlerkandidaten nominieren. Kurzmeldungen im Überblick.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin will keinen grünen Kanzlerkandidaten. Er warnte seine Partei davor, aufgrund der guten Umfragewerte Fehler der FDP zu wiederholen. Der Bild am Sonntag sagte Trittin: "Wir werden nicht den Fehler wiederholen, den eine andere Partei gemacht hat, die trunken von lauter tollen Umfragen einen Kanzlerkandidaten ausrief und sich Zahlen auf die Schuhsohlen malte. Wir werden auch keine solarbetriebenen Guidomobile auf den Weg bringen. Wir bleiben auf dem Teppich."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin will keinen eigenen Kanzlerkandidaten. (Foto: dapd)

Die Wahl eines Grünen zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg nach der Landtagswahl im kommenden Jahr könne laut Trittin die politische Landschaft Deutschlands jedoch nachhaltig verändern: "Es wäre ein weiteres Signal, dass sich unser Parteiensystem entscheidend verändert. Wir haben es mit dem Ende der Volksparteien zu tun."

Grünen-Chefin Claudia Roth rief die Sozialdemokraten dazu auf, nicht beleidigt auf das aktuelle Umfrage-Hoch der Grünen zu reagieren. "Es wäre gut, wenn die SPD nicht beleidigt reagiert, sondern anerkennt, was die Grünen stark macht und ausmacht", sagte sie.

In Umfragen verschiedener Meinungsinstitute erreichen die Grünen bundesweit derzeit Werte zwischen 21 und 25 Prozent. Trittin will das Umfragehoch für seine Partei als Ansporn verstanden wissen: "Die Grünen müssen sich anstrengen, so gut zu werden. Die Umfragewerte begreifen wir als Arbeitsauftrag."

Auch Roth ermahnte die eigene Partei zu überzeugender Arbeit: "Wir wollen nicht Umfragemeister sein, sondern wir wissen ganz genau, wie hart es sein wird und wie groß der Gegenwind sein wird, wenn wir die Umfragewerte in Wahlerfolgen verstetigen."

(dpa)

Iran lässt offenbar einen inhaftierten US-Bürger frei, im Kosovo platzt überraschend die Koalitionsregierung und bei einem Sprengstoffanschlag in Afghanistan kommt ein schwedischer Soldat ums Leben: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Ein seit zweieinhalb Jahren in Iran inhaftierter US-Geschäftsmann ist US-Medienberichten zufolge freigelassen worden. Der Nachrichtensender CNN meldete die Freilassung unter Berufung auf den Anwalt von Reza Taghavi.

Der Sender ABC News sprach nach der Haftentlassung mit dem 71-Jährigen, der vor seiner Festnahme in Los Angeles gelebt hatte. "Ich verspüre mal Erleichterung, mal Wut", sagte Taghavi dem Sender. "Zweieinhalb Jahre im Gefängnis sind eine lange Zeit für einen 71-Jährigen." Nach seiner Haftentlassung traf er seine Ehefrau, beide wollen nun in die USA zurückkehren.

Der Geschäftsmann war im Mai 2008 festgenommen worden. Er soll der regimekritischen Gruppe "Tondar" 200 Dollar überreicht haben. Teheran stuft die Organisation als Terrorgruppe ein. Taghavi hatte stets beteuert, er habe im Glauben gehandelt eine wohltätige Spende zu überreichen.

(AFP)

Im Kosovo ist die Koalitionsregierung überraschend geplatzt. "Von Montag an zieht sich die LDK aus der Regierung zurück", teilte der Parteivorsitzende Fatmir Sejdiu mit. Die LDK (zu Deutsch: Demokratische Liga des Kosovo) war der Juniorpartner in der Regierungskoalition und stellte sechs von 18 Ministern im Kabinett. Der Demokratischen Partei von Ministerpräsident Hashim Thaci fehlt damit die nötig Mehrheit. Innerhalb von 45 Tagen müssen nun Neuwahlen angesetzt werden.

Erst am Freitag war der 13. Februar 2011 als Termin für vorgezogene Parlamentswahlen offiziell festgelegt worden. Dieses Datum ist gemäß der Verfassung des Kosovo aber jetzt zu spät.

Die Koalitionspartner hatten sich nach dem Rücktritt von Sejdiu als Staatsoberhaupt darauf geeinigt, Neuwahlen auszurufen. Sejdiu hatte nach einer Gerichtsentscheidung vor kurzem sein Amt niedergelegt, weil er als Präsident nicht zugleich Chef einer Regierungspartei sein durfte.

(Reuters)

Im Norden Afghanistans ist bei einem Sprengstoffanschlag ein schwedischer Soldat getötet worden. Zwei weitere Soldaten seien verletzt worden, als ihr Fahrzeug über einen Sprengsatz gefahren sei, teilte die schwedische Armee mit. Deren Verletzungen seien aber nicht lebensgefährlich.

Die schwedischen Soldaten waren offenbar zu Gefechten westlich von Masar-i-Scharif gerufen worden. Schweden ist zwar kein Mitglied der Nato, dennoch sind seit Anfang 2002 im Rahmen der Isaf-Mission schwedische Soldaten in Afghanistan im Einsatz - derzeit etwa 500. Fast zeitgleich wurde bei einem Gefecht in der Provinz Kundus auch ein Bundeswehr-Soldat verlezt.

2010 ist das bislang tödlichste Jahr für die internationalen Truppen in Afghanistan seit Beginn des Einsatz Ende 2001: Bislang kamen mehr als 590 Soldaten ums Leben, im vormals tödlichsten Jahr 2009 waren es 521.

(AFP)

Somalische Piraten haben erneut vor der ostafrikanischen Küste zugeschlagen und ein südkoreanisches Fischerboot mit 43 Mann Besatzung gekapert. Das teilte das Außenministerium in Seoul mit.

Piraten hätten das Schiff bereits am 9. Oktober vor der kenianischen Insel Lamu im Indischen Ozean angegriffen. An Bord des 241 Tonnen schweren Krebsfischerbootes Keummi 305 hätten sich zwei Südkoreaner, zwei Chinesen und 39 kenianische Seeleute befunden. Unklar war, ob mit den Piraten Verhandlungen aufgenommen oder Lösungsgeld für die Freilassung der Fischer verlangt wurde.

Ende September hatte die nichtstaatliche Organisation Ecoterra berichtet, dass sich mindestens zwei Dutzend Schiffe und mehr als 430 Seeleute in Piratenhand befänden. Während internationale Kriegsschiffe im besonders gefährdeten Golf von Aden patrouillieren, haben die Seeräuber ihre Angriffe zunehmend auf den Indischen Ozean verlagert.

(dpa)

Die Partei des tschechischen Regierungschefs Petr Necas ist bei den Kommunalwahlen und bei der ersten Runde der Senatswahlen für ihre strikte Sparpolitik abgestraft worden. Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) des seit Juli regierenden Necas büßte in einigen großen Städten, darunter die Hauptstadt Prag, die Vorherrschaft ein.

In Prag gewann ein Bürgermeisterkandidat der Partei TOP 09, die mit Necas koaliert. Bei den Teilsenatswahlen schnitt die ODS schlechter ab als die sozialdemokratische Partei CSSD, wie das Statistikamt mitteilte.

Die tschechische Regierung verfolgt einen strikten Sparkurs. Ihr Haushaltsplan für das kommende Jahr beschränkt das Staatsdefizit auf 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, dieses Jahr waren es der Prognose zufolge noch 5,3 Prozent. Bis 2013 will die Regierung das Staatsdefizit auf unter drei Prozent senken.

Zur Umsetzung dieser Ziele hat die Regierung drastische Kürzungen bei den Sozialausgaben und den Beamtengehältern vorgenommen. Necas erklärte trotz der herben Verluste, dass seine Regierung den "festen Willen" habe, ihren Reformkurs fortzusetzen, um die Staatsverschuldung einzudämmen.

(AFP)

Tausende Juden und Araber haben in Tel Aviv gegen die beschlossene Einführung eines umstrittenen Treueschwurs demonstriert. Die Demonstranten liefen durch das Stadtzentrum bis zum Verteidigungsministerium und trugen Plakate mit der Aufschrift "Juden und Araber weigern sich Feinde zu sein" und "Nein zum Hass". Organisiert wurde die Demonstration von der linksgerichteten israelischen Opposition und von Menschenrechtsorganisationen. Der Protestzug verlief friedlich.

Am vergangenen Sonntag hatte das israelische Kabinett mit deutlicher Mehrheit für einen Gesetzesentwurf gestimmt, der vorsieht, dass Nicht-Juden künftig vor ihrer Einbürgerung dem "jüdischen und demokratischen Staate Israel" die Treue schwören müssen.

Der Gesetzentwurf war insbesondere von der arabischen Minderheit in Israel als "rassistisch" kritisiert worden. Zwar muss er noch durch die Knesset, doch verfügt das Regierungslager dort über eine breite Mehrheit. Auch Syrien und die Türkei kritisierten das Vorhaben heftig.

(AFP)

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