Politik kompakt:Unfug im Bundestag kann teuer werden

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1000 Euro Geldstrafe müssen Abgeordnete künftig zahlen, wenn sie sich im Bundestag ungebührlich verhalten - noch teurer wird es für Wiederholungstäter. Meldungen im Überblick.

Abgeordnete können künftig mit einem Ordnungsgeld von 1000 Euro bestraft werden, Wiederholungstäter müssen sogar 2000 Euro zahlen, wenn sie sich im Bundestag schlecht benehmen. Die Saarbrücker Zeitung berichtet, dass dies der Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments am Donnerstag mit den Stimmen von Union, SPD und FDP beschlossen hat. Grüne und Linke lehnten die Neuerung ab.

Künftig sollen Abgeordnete für Störungen mit Geldstrafen belegt werden - sofern es sich um eine "nicht nur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages" handelt. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Zahlung wird laut Beschluss fällig bei einer "nicht nur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages". Die Verhängung der Strafe soll im Ermessen des sitzungsleitenden Präsidenten liegen. Auf die Einführung eines "Unfug-Katalogs", der sich auf das Hochhalten von Transparenten oder das Tragen von Protest-T-Shirts bezogen hätte, und eine Staffelung der Geldstrafe verzichtete das Gremium. Neben dem Ordnungsgeld selbst ist die Einbeziehung des Begriffs "Würde des Bundestages" in die Geschäftsordnung neu. Darüber war im Vorfeld zwischen den Fraktionen gestritten worden.

(dapd)

Politische Gefangene der DDR, die nach der Haft freiwillig für die Stasi gearbeitet haben, haben keinen Anspruch auf Entschädigung, Portugals Parteien wollen schnelle Neuwahlen und in Gaza geht die Gewalt weiter: Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Kurzmeldungen.

Die Parteien in Portugal haben sich am Freitag für Neuwahlen zur Beilegung der jüngsten Regierungskrise ausgesprochen. Staatspräsident Anibal Cavaco Silva hatte die Parteien zuvor gefragt, ob sie zur Bildung einer Koalitionsregierung bereit seien, was Neuwahlen unnötig gemacht hätte. Die Parteien waren aber alle für Neuwahlen, um die Wähler über den weiteren Kurs des Landes entscheiden zu lassen. Vor der Ausrufung von Neuwahlen muss Silva gemäß Verfassung das Parlament auflösen.

Die Minderheitsregierung des sozialistischen Ministerpräsident José Sócrates war am Mittwoch zurückgetreten, weil sie keine Mehrheit im Parlament für das von ihr vorgeschlagene rigorose Sparprogramm bekommen hatte.

(dapd/dpa)

Die Bundeswehr hat die Zahl ihrer Scharfschützen in Afghanistan deutlich erhöht. Während im März 2003 noch acht Spezialisten im Einsatz waren, stieg ihre Zahl bis Ende vergangenen Jahres auf 54, hieß es übereinstimmend in Medienberichten vom Freitag. Derzeit sind demnach 40 deutsche Scharfschützen im Auftrag der Bundeswehr am Hindukusch.

Die Stuttgarter Nachrichten und die Frankfurter Rundschau zitierten die Zahlen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele erklärte demnach, er befürchte, "dass Präzisionsschützen der Bundeswehr nach fragwürdigen und undurchsichtigen Kriterien Menschen aus dem Hinterhalt töten".

(dpad)

Der ehemalige polnische Partei- und Staatschef Wojciech Jaruzelski (87) hat Krebs. Bei einer Untersuchung sei ein Lymphdrüsengeschwulst festgestellt worden, sagte ein Sprecher des Militärkrankenhauses in Warschau der polnischen Nachrichtenagentur PAP zufolge. Er solle jetzt eine Chemotherapie bekommen. Bereits Ende Dezember war er wegen einer schweren Lungenentzündung und Kreislaufproblemen behandelt worden. Jaruzelski war Vorsitzender der sozialistischen Regierungspartei PZPR. Das Parlament wählte ihn im Juli 1989 zum ersten Präsidenten des demokratischen Polens. Er verzichtete gut ein Jahr später auf das Amt und zog sich aus der Politik zurück. Gegen den General läuft wegen des Kriegsrechts seit Jahren ein Prozess.

(dpa)

Politische Gefangene der DDR, die nach der Haft freiwillig für die Stasi gearbeitet haben, bekommen keine Entschädigung. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz laut Mitteilung. Der Kläger saß 1988 in der DDR wegen versuchter landesverräterischer Nachrichtenübermittlung in Haft. Schon im Gefängnis, aber auch nach seiner vorzeitigen Entlassung arbeitete er als inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit. Dabei hatte er die Stasi unter anderem über eine ausreisewillige Familie informiert, ohne dass er nach Ansicht der Richter "besondere Repressalien" hätte fürchten müssen. Da solche Berichte die Betroffenen in der DDR in erhebliche Gefahr bringen konnten, habe der Mann Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verletzt, urteilte das Gericht. Deshalb könne der Kläger weder als politischer Häftling anerkannt werden, noch Entschädigungsleistungen beanspruchen.

(Az.: 7 A 11442/10.OVG)

(dpa)

Ein Gericht in China hat einen politischen Aktivisten zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Gericht in Suining in der Provinz Sichuan sprach Liu Xianbin am Freitag der Aufstachelung zur Untergrabung der Staatsmacht schuldig. Er hatte im Internet Artikel veröffentlicht, in denen er zu Straßenprotesten aufrief und demokratische Reformen forderte. Der Prozess dauerte wenige Stunden, sagte Lius Frau Chen Mingxian. Liu war Gründungsmitglied der Demokratischen Partei. Er wurde 1999 wegen ähnlicher Anschuldigungen zu 13 Jahren Haft verurteilt. Im November 2008 kam er wieder frei.

Das Urteil gegen Liu gehört zu den bisher härtesten wegen Subversion. Dieses Delikt kann in China mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden, in schweren Fällen auch mehr. Die chinesischen Behörden gehen in den vergangenen Monaten - offenbar aus Angst vor Protesten nach arabischem Vorbild - verschärft gegen jede Form von Opposition vor.

(dapd)

Aufständische in Afghanistan haben am Freitagmorgen einen Anschlag auf eine deutsch-afghanische Patrouille in der Nähe von Kundus verübt. Dabei wurde ein afghanischer Polizist verletzt, der später starb, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Deutsche Soldaten seien nicht verwundet worden. Die Explosion des am Straßenrand versteckten Sprengsatzes hat laut örtlicher Polizei zudem ein afghanisches Polizeifahrzeug zerstört.

Der Sprengsatz ging den Angaben zufolge etwa 14 Kilometer westlich des deutschen Stützpunkts in der Unruheprovinz Kundus hoch und zerstörte ein Fahrzeug der afghanischen Polizei.

(dpa/dapd)

Iran hat die geplante Entsendung eines UN-Sonderberichterstatters zur Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte im Iran scharf kritisiert. und als "politisch motiviert" zurückgewiesen. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, sie sei lediglich "auf den Druck der USA" zustandegekommen. Einziges Ziel des Mandats sei es, "Druck auf Iran auszuüben" und so "von Menschenrechtsverletzungen im Westen und besonders in den USA abzulenken".

Der UN-Menschenrechtsrat hatte am Donnerstag eine Resolution verabschiedet, nach der erstmals seit 2002 wieder ein Sonderberichterstatter für das Land eingesetzt werden soll. Damals hatte Iran die Verlängerung des Mandats untersagt und auch seit 2005 keinen sonstigen UN-Berichterstatter mehr ins Land gelassen.

(AFP)

Mit ihrer Weigerung, eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten einzuführen, ist die Bundesregierung in Europa nach einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages weitgehend isoliert. Die Expertise hatte die Linksfraktion in Auftrag gegeben, meldet die Berliner Zeitung. Daraus gehe hervor, dass in den meisten EU-Ländern längst eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte besteht - Ausnahmen sind lediglich Deutschland und Österreich. Auch die vielfach beschworenen Gefahren für identifizierbare Polizisten hätten sich nicht bestätigt.

Nach Angaben des Wissenschaftlichen Dienstes besteht derzeit in Spanien, Tschechien, Estland und Litauen eine umfassende Kennzeichnungspflicht für Polizisten, sie gelte auch für den Einsatz von geschlossenen Polizeieinheiten, etwa bei Demonstrationen. Auch in den meisten anderen EU-Staaten seien Beamte in der Regel durch ein Namensschild oder wenigstens eine Nummer identifizierbar.

(dapd)

Rund zwei Monate nach seiner Rückkehr in seine Heimat ist der frühere haitianische Diktator Jean-Claude Duvalier alias "Baby Doc" in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Der 59-Jährige wurde bereits am Mittwochabend in das private Krankenhaus in der Hauptstadt Port-au-Prince gebracht, sagte der gegen ihn ermittelnde Richter Jean Carvès der Nachrichtenagentur AFP. Der behandelnde Arzt wollte keine Angaben zum Gesundheitszustand Duvaliers machen oder sagen, warum er eingeliefert wurde.

Vor Duvaliers Krankenzimmer standen Polizisten Wache, berichtete ein AFP-Reporter. Zuvor hatte Richter Carvès die Bewegungsfreiheit Duvaliers eingeschränkt, gegen den Ermittlungen wegen Korruption und Veruntreuung laufen: Duvalier darf sich nicht außerhalb der Hauptstadt bewegen, auch werden die Zeiten beschränkt, in denen er Freunde und Familie treffen darf. Duvalier war im Januar überraschend nach Haiti zurückgekehrt. Er hatte den Karibikstaat in den siebziger und achtziger Jahren als brutaler Diktator regiert.

(AFP)

Angesichts der zunehmenden Gewalt in der Elfenbeinküste hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine Verstärkung der dort stationierten 10.000 UN-Soldaten vorgeschlagen. Es sei "ein Skandal", dass mit schweren Waffen auf die Zivilbevölkerung geschossen werde, sagte Sarkozy am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Frankreich wolle deshalb eine Resolution vorschlagen, auf deren Grundlage die UN-Truppen "zumindest schwere Waffen in Abidjan verbieten" könnten.

Am Donnerstag hatte bereits die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas die Vereinten Nationen aufgefordert, das Mandat für ihre Mission in der Elfenbeinküste zu stärken und härtere Sanktionen gegen Laurent Gbagbo und seine Vertrauten zu verhängen.

Die UN-Koordinatorin für Nothilfe, Valérie Amos, zeigte sich "ernsthaft besorgt" über die humanitäre Lage in der Elfenbeinküste. Seit Anfang Dezember seien mehr als 460 Menschen getötet worden, weit mehr seien verletzt worden, unter ihnen Frauen und Kinder. Viele fliehen, dund es werden immer mehr: Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR schätzen, dass allein aus der Metropole Abidjan fast eine Million Menschen geflüchtet sind.

(AFP/Reuters)

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