Politik kompakt:Rüttgers klagt über "Heckenschützen"

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Der scheidende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sieht seine Widersacher in den eigenen Reihen und dachte schon frühzeitig an seinen Rückzug.

Kurzmeldungen im Überblick

Kurz nach seinem offiziellen Rückzug vermutet NRW-Noch-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) die Widersacher in den eigenen Reihen.

Auf die Frage, welche Fehler die NRW-CDU gemacht habe, sagte Rüttgers in der Bild-Zeitung: "Wir waren vermutlich zu sicher, dass wir die Wahl mit unserer guten Regierungsbilanz gewinnen. Dazu kommt unter anderem das Problem von 'Heckenschützen' aus den eigenen Reihen."

Einen Rückzug aus der Politik habe er erstmals bereits "Anfang Mai, wenige Tage vor der Landtagswahl", erwogen, sagte Rüttgers. Im Vorfeld der Landtagswahl waren immer wieder belastende Informationen aus den Reihen der CDU in den Medien platziert worden.

In Zukunft werde Rüttgers "ein Büro im Landtag haben und meine Aufgaben als Abgeordneter erfüllen." Außerdem möchte er sich weiterhin im Kuratorium der Auschwitz-Stiftung um Mittel für die Rettung der Gedenkstätte engagieren und sich europapolitischen Fragen widmen. Rüttgers ist seit 1999 CDU-Landeschef und seit 2005 Ministerpräsident. Auf dem nächsten CDU-Landesparteitag im Frühjahr 2011 tritt Rüttgers nicht wieder an. Vor zwei Tagen hatte er bekanntgegeben, sich aus der Politik zurückzuziehen und sein Amt als CDU-Landeschef sowie als Mitglied des Bundesvorstandes abzugeben.

Mitte Juli soll SPD-Landeschefin Hannelore Kraft im Landtag als Chefin einer rot-grünen Minderheitsregierung zur Ministerpräsidentin gewählt werden. Rüttgers sagte dazu: "Das wird keine Minderheitsregierung, sondern eine von der Linkspartei tolerierte Koalition. Und diese instabilste Form der Regierung hat man vor der Wahl ausgeschlossen."

Nordkorea wird verurteilt, die SPD wählt ihre Landeschefs, ein Taliban-Kommandeur wird in Afghanistan getötet und die Kanzlerin sieht die Einheit noch nicht erreicht. Weitere Kurzmeldungen im Überblick.

(sueddeutsche.de/cag)

Rüttgers Karriere in Bildern
:JR tritt ab

Der Machtkampf in NRW ist entschieden: Rot-Grün tritt an, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers tritt ab. Es ist der Tiefpunkt in der Karriere eines Politikers, der für seine Rolle als fürsorglicher Landesvater ebenso bekannt wurde wie für seine rhetorischen Ausfälle. In Bildern.

Die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) haben Nordkorea für den Angriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff verurteilt. Das steht in der Abschlusserklärung des G8-Gipfels vom Samstag im kanadischen Huntsville. Eine internationale Untersuchungskommission kam zu dem Schluss, dass Nordkorea hinter einem Angriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff Ende März steht. 46 Besatzungsmitglieder waren getötet worden. Vor allem Japan hatte sich für eine scharfe Erklärung der G8 stark gemacht. Russland hingegen bremste, wie aus den Delegationen verlautete.

(dpa)

Die öffentlich gewordene SMS von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel sorgt laut einem Bericht des Spiegel für heftige Verstimmungen im Kanzleramt. Merkel habe den Kontakt zu Gabriel bis auf weiteres eingestellt. Die Veröffentlichung sei ein "einmaliger Vorgang, schlichtweg ungeheuerlich und durch nichts zu erklären oder zu entschuldigen", zitiert der Spiegel Regierungskreise. Im Kanzleramt werde argumentiert, es sei bisher gängige Praxis im politischen Umgang zwischen Regierung und Opposition, dass Kanzler und Oppositionsführer sich darauf verlassen könnten, dass Vier-Augen-Gespräche oder Telefonate diskret behandelt würden, berichtet der Spiegel. Gabriel hatte Merkel in einer SMS Joachim Gauck als überparteilichen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Merkel antwortete: "Danke für die Info und herzliche Grüße am" Die Anfrage Gabriels und die Antwort Merkels hatte vor drei Wochen der Spiegel veröffentlicht.

(AFP)

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will die vom Bundeskabinett geplante Reform der Sicherungsverwahrung nicht hinnehmen. Statt einer Einschränkung auf besonders schwere Gewalt- und Sexualdelikte müsse vielmehr darüber geredet werden, "ob nicht während eines Strafvollzuges aufgrund besonderer Erkenntnisse noch nachträglich eine Sicherungsverwahrung ausgesprochen werden darf", sagte Seehofer beim kleinen CSU-Parteitag in Nürnberg. Es könne nicht sein, dass Schwerverbrecher freigelassen werden müssten, nur weil die Worte "Null Toleranz gegenüber Gewalt" in Deutschland "nicht mehr automatisch Konsens" seien. Seehofer kündigte an, die CSU werde "für diese Sicherheit unserer Bevölkerung kämpfen, bis es im Bundesgesetzblatt steht."

(ddp-bay)

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat eine stärkere Belastung der oberen Einkommensgruppen gefordert. "Steuerpolitik heißt Umverteilen", sagte das FDP-Präsidiumsmitglied der Welt am Sonntag: "In solch schwierigen Zeiten müssen auch wir in der FDP uns fragen, wie wir diejenigen Bürger im oberen Einkommensbereich daran beteiligen können, dass die mittleren und unteren Einkommen entlastet werden." Die Ministerin sagte weiter: "Die starken Schultern müssen mehr tragen." Sie schlägt dem Bericht zufolge vor, Steuersubventionen abzuschaffen, die bestimmte Gruppen bevorzugen. Zudem forderte die Ministerin, das Mehrwertsteuersystem "grundsätzlich" zu überarbeiten.

(apn)

Die Sozialdemokraten haben in mehreren Landesverbänden ihre Vorsitzenden gewählt. In Berlin heißt der alte und neue Landesvorsitzende Michael Müller. Die Delegierten eines Parteitages wählten den 45-Jährigen am Samstag mit 79,5 Prozent zum vierten Mal seit 2004 an die Spitze der Hauptstadt-Sozialdemokraten. Müller erhielt 174 Ja- Stimmen bei 36 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. Damit fiel das Ergebnis deutlich schlechter aus als 2008. Damals war der gelernte Drucker mit 91,7 Prozent im Amt bestätigt worden. Müller führt seit 2001 auch die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Auch die rheinland-pfälzische SPD behält ihren Landesvorsitzenden: Ministerpräsident Kurt Beck wurde mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigt. Bei der Wiederwahl auf einem Parteitag in Idar-Oberstein sprachen ihm 381 der 387 Delegierten das Vertrauen aus. Das entspricht mehr als 98 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Der 61-jährige Beck steht seit 1993 an der Spitze der rheinland-pfälzischen SPD. Zuletzt war er im September 2008 in seinem Amt bestätigt worden.

Zu neuem Selbstbewusstsein fand die über Jahre krisengeschüttelte Hamburger SPD. Auf einem Parteitag in der Hansestadt bestätigten die Sozialdemokraten ihren Vorsitzenden Olaf Scholz mit einem Spitzenergebnis von knapp 97 Prozent im Amt. Außerdem stimmten sich die Genossen bereits auf den nächsten Bürgerschaftswahlkampf ein, obwohl die Wahl regulär erst im Februar 2012 ansteht. "Das ist ein Parteitag des Aufbruchs", sagte Scholz. Die SPD habe gezeigt, dass sie geschlossen ist. "Wir sind in der Lage sofort loszulegen."

(dpa/AP)

Afghanische und internationale Truppen haben südlich von Kabul einen Taliban-Kommandeur getötet. Die Nato erklärte, Hinweise des Geheimdienstes hätten zum Haus von Ghulam Sachi in der Provinz Logar geführt.

Afghanische Soldaten hätten über Lautsprecher Frauen und Kinder aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Sachi sei verkleidet als Frau mit einer Gruppe vor das Haus getreten, habe eine Pistole gezogen und geschossen. Die Soldaten töteten ihn. Sachi habe eine Granate in der Hand gehabt, die explodiert sei und eine Frau und zwei Kinder verletzt habe, erklärte die Nato weiter.

Der Taliban-Kommandeur war nach Behördenangaben an Bombenanschlägen und Überfällen in der Provinz beteiligt. Außerdem soll er einen afghanischen Geheimdienstchef entführt und ermordet haben. Die Nato meldete den Tod seines US-Soldaten bei einem Bombenanschlag im Süden des Landes. Die Zahl der getöteten ausländischen Soldaten stieg damit im Juni auf 85. Von ihnen waren 51 Amerikaner.

(AP)

Auch 20 Jahre nach der Einführung der D-Mark in Ostdeutschland ist die deutsche Einheit nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "noch nicht in allen Bereichen geschaffen". Anlässlich des Jahrestages der am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Währungsunion sagte die Kanzlerin in ihrer wöchentlichen Videobotschaft: "Wir haben heute einen boomenden Mittelstand, viele neue Betriebe, aber wir haben eben nach wie vor in den neuen Bundesländern auch eine strukturell deutlich höhere Arbeitslosigkeit, als das in der alten Bundesrepublik der Fall ist." Dennoch sei die Einheit "ein politischer und ein ökonomischer Erfolg für die Menschen in allen Teilen Deutschlands", führte die Kanzlerin aus. "Ich habe heute noch das Gefühl von etwas ganz Besonderem, denn dies war ein risikovoller, aber mutiger und zum Schluss erfolgreicher Schritt durch die damalige Bundesregierung." Dagegen kritisierte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Währungsunion als "politische Sturzgeburt". Dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte der Minister: "Wir hatten objektiv zu wenig Zeit, wir waren Getriebene." Es habe eine "paternalistische Grundhaltung" des Westens gegenüber dem Osten gegeben - "nach dem Motto: 'Wir wissen, was für unsere Schwestern und Brüder im Osten das Richtige ist.' In Wahrheit wussten wir es aber nicht", sagte de Maizière.

(dpa)

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