Politik kompakt:Niederlande: Wilders Verbündete zieren sich

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Einige Christdemokraten sträuben sich gegen den Duldungsvertrag mit den Rechtspopulisten - und gefährden die Regierungsbildung. Kurzmeldungen im Überblick.

Nur zwei Tage nach der Einigung in den Niederlanden auf eine Minderheitsregierung unter Duldung des Rechtspopulisten Geert Wilders ist das Vorhaben wieder gefährdet. Die Parlamentsfraktion des Christdemokratischen Appells (CDA) konnte sich in einer fast 16-stündigen Beratung nicht auf einhellige Zustimmung zu einem Duldungsvertrag mit Wilders' Partei für Freiheit (PVV) einigen. Die Abgeordneten beschlossen am frühen Donnerstagmorgen, das Votum eines Sonderparteitages in Arnheim abzuwarten und erst danach in der Fraktion abzustimmen.

Verhandeln eine niederländische Minderheitsregierung: (von links nach rechts) Mark Rutte (VVD), Geert Wilders (PVV) und Maxime Verhagen (CDA). (Foto: AFP)

Wie aus der CDA-Fraktion verlautete, scheiterte die Zustimmung zu einem Minderheitskabinett aus Christdemokraten und Rechtsliberalen, das auf Wilders als Mehrheitsbeschaffer angewiesen ist, an der ablehnenden Haltung von mindestens zwei der 21 Abgeordneten. Sie wollen dieser Konstruktion erst zustimmen, wenn auf dem Parteitag eine klare Mehrheit das politische Zusammengehen mit dem erklärten Islamgegner Wilders (47) absegnet. Der CDA-Fraktionschef Maxime Verhagen (54), der in der Minderheitsregierung Vize-Ministerpräsident werden soll, räumte am Ende der nächtlichen Fraktionsberatungen ein, dass es "einige Beschwerden" gegeben habe. "Zugleich waren sich aber alle 21 Fraktionsmitglieder darin einig, dass das Votum des Parteitages sehr großes Gewicht haben wird."

Zuvor hatten die 31 Abgeordneten der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), die mit Mark Rutte (43) den Ministerpräsidenten stellen will, das Duldungsabkommen einstimmig gebilligt. Auch die 24 Abgeordneten der Wilders-Partei stimmten am Mittwoch dafür. Neben dem Duldungsvertrag mit der PVV hatten sich die Unterhändler der beiden designierten Regierungsparteien am Dienstag auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, über den ebenfalls noch auf dem CDA-Sonderparteitag diskutiert werden soll.

(dpa)

Warum die UN-Hochkommissarin Navi Pillay Deutschland rügt und China drei verhaftete Japaner freilässt: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen im Überblick.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat eine "unglaubliche Diskriminierung" von Roma in Europa beklagt und auch Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Die anhaltende Rückführung der Roma von Deutschland in den Kosovo habe "verheerende Folgen für die Rechte der Kinder, auch für ihr Recht auf Bildung", schreibt Pillay in einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau. "Roma-Kinder, die in deutschen Schulen gut integriert waren, befinden sich auf einmal in einem völlig fremden Umfeld, in dem nur Albanisch gesprochen wird. Plötzlich können sie gar nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten zur Schule gehen", so Pillay.

Die UN-Kommissarin kritisierte, in Europa herrsche eine "starke Abneigung gegenüber den Roma". In Folge der Wirtschaftskrise seien Gewalt und Diskriminierung gestiegen. In Ungarn und der Slowakei habe es tödliche Übergriffe gegeben. Unter anderem in Bulgarien, Tschechien, Griechenland, Italien, Litauen, Rumänien und der Slowakei würden Roma "mit Zwang vertrieben", ihnen würden "angemessene Unterkünfte verweigert" und sie würden "ausgegrenzt".

(dapd)

In den Spannungen zwischen China und Japan haben chinesische Behörden am Donnerstag drei von vier festgenommenen Japanern freigelassen. Ihnen war vorgeworfen worden, illegalerweise in einer Militärzone in der nordchinesischen Provinz Hebei gefilmt zu haben. Die Freilassung sei erfolgt, nachdem sie zugegeben hätten, "gegen chinesische Gesetze verstoßen zu haben", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Der vierte Japaner bleibe unter Hausarrest. Gegen ihn werde wegen "illegalen Filmens militärischer Ziele" ermittelt. In japanischen Presseberichten hieß es, die Gruppe habe vermutlich an einem Regierungsprojekt zur Räumung von Resten chemischer Waffen gearbeitet, die japanische Truppen während des Zweiten Weltkrieges in China eingesetzt hätten. Chinas Behörden erwähnten hingegen nicht, was die Japaner in China taten.

Militärzonen sind in China häufig nicht klar markiert, so dass auch filmende oder fotografierende Touristen immer wieder unwissend in Schwierigkeiten geraten. In dem Streit um einen Zwischenfall in einem umstrittenen Seegebiet um die Diaoyu Inseln nordöstlich von Taiwan hatten die Festnahmen das Verhältnis zusätzlich belastet. Japans Außenminister Seiji Maehara bestellte am Montag den chinesischen Botschafter in Tokio ein. Japans Küstenwache hatte am 7. September ein chinesisches Fischerboot an den Diaoyu Inseln aufgebracht, die sowohl China als auch Japan beanspruchen. Dabei war es zu einer Kollision gekommen. Nach der Freilassung des Kapitäns aus mehr als zweiwöchiger Haft in Japan fordert China jetzt eine Entschuldigung und Entschädigung, was Japan aber ablehnt.

(dpa)

Aus Protest gegen die Kürzung von Zulagen haben im südamerikanischen Ecuador Soldaten den internationalen Flughafens der Hauptstadt Quito besetzt. Der Flugverkehr sei daraufhin komplett eingestellt worden, sagte ein Flughafensprecher im Radio. Die Armeeführung stellte sich jedoch hinter Präsident Rafael Correa, der in einer Rede ankündigte, er werde sich den Protesten nicht beugen. Nach Angaben des Flughafenssprechers besetzte eine Gruppe von 150 Soldaten der Luftwaffe die Piste des Airports Mariscal Sucre der Hauptstadt. "Aus Sicherheitsgründen musste der Verkehr umgehend eingestellt werden." Demnach wurden Starts und Landungen gegen 10. 30 Uhr (Ortszeit, 17.30 Uhr MESZ) unterbrochen. Mit der Aktion protestierten die Soldaten gegen das Vorhaben der Regierung, finanzielle Vergütungen wie Dienstalterzulagen für Polizisten und Soldaten zu streichen. Die Streichungen sind Teil eines Maßnahmenpakets für den öffentlichen Dienst, mit dem die staatlichen Ausgaben für Gehälter gesenkt werden sollen. Die Armeespitze stellte sich jedoch hinter Correa, wie Generalstabschef Ernesto González ankündigte. Die Armee sei der höchsten Gewalt des Staates und somit dem Präsidenten unterstellt, sagte er auf einer Pressekonferenz. In Quito und weiteren Städten wie Guayaquil im Südwesten und Cuenca im Süden Ecuadors gingen am Donnerstag auch Polizisten auf die Straße. Polizeichef Freddy Martinez rief seine Angestellten zur Ruhe auf, in der Hauptstadt besetzten Polizisten jedoch eine Kaserne. Correa stellte sich am Donnerstag in der besetzten Kaserne den wütenden Sicherheitsbeamten, von denen er mit lauten Buhrufen empfangen wurden. In einer Rede vor den Polizisten machte der Staatschef klar, dass seine Regierung trotz der Proteste der Sicherheitskräfte nicht von dem Vorhaben abweichen werde.

(AFP)

Kanzlerin Angela Merkel und die Ost- Regierungschefs haben 20 Jahre nach der deutschen Einheit eine gemischte Bilanz gezogen. "Wir sind an vielen Stellen vorangekommen", sagte die CDU-Chefin. Trotz großer Fortschritte gebe es aber weiter Nachholbedarf. "Nun gilt es, auch das Wegstück, das noch vor uns liegt, in Angriff zu nehmen", sagte Merkel. Beträchtliche "strukturelle Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern" seien unstrittig. Der bis 2019 verlängerte Solidarpakt ist für die Kanzlerin deshalb "absolut gerechtfertigt". Das Ziel, ein "selbsttragender Aufschwung" im Osten, müsse gegen Skeptiker der milliardenschweren Transferleistungen verteidigt werden. "Dabei soll die Unterstützung des Bundes nicht fehlen." Zuversicht verbreiteten die Politiker in Rostock-Warnemünde vor allem wegen der Zunahme neuer Jobs. "Die Arbeitslosenzahlen sind ermutigend, vergleichbar mit denen Anfang der 90er Jahre", sagte die Kanzlerin. Sie könne aber verstehen, dass viele Menschen die unterschiedlichen Rentenhöhen sehr kritisch sähen. Bei einer künftigen Anpassung der Rentenformel werde sie auf Gleichstellung des Ostens pochen, versprach Merkel. Bei der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen hält Merkel eine Reform des Systems der Netzentgelte für nötig. Sie seien im Osten teils doppelt so hoch wie im Westen. Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), sprach den Ostdeutschen seinen Respekt für deren Leistungen aus. Er verbitte sich "Pauschalurteile" aus dem Westen, erklärte Sellering im Rückblick auf umstrittenen Äußerungen zum Charakter des SED-Regimes. Bundesinnenminister Thomas de Maizière zeigte sich trotz Problemen wie dem Fachkräftemangel zuversichtlich. "Hier muss niemand mehr weggehen. Das muss sich in den Köpfen verändern."

(dpa)

Zwei Mal in 24 Stunden hat er die Vertrauensfrage gestellt, zwei Mal hat er gewonnen. Und dennoch kann Italiens Ministerpräsident Berlusconi mit dem Ergebnis nicht richtig glücklich werden: Eigentlich Abtrünnige haben ihm noch einmal zum Überleben verholfen. Nach seinem Erfolg im Abgeordnetenhaus hat sich der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi am Donnerstag auch bei einem Vertrauensvotum im Senat durchgesetzt. Der 74-Jährige erhielt bei der Vertrauensabstimmung in der zweiten Kammer 174 Ja-Stimmen bei 129 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Das Ergebnis war erwartet worden, weil die abtrünnigen Anhänger von Parlamentspräsident Gianfranco Fini trotz des Bruchs mit Berlusconi ihm noch einmal das Vertrauen aussprechen wollten. Auch im Senat ging es dem 74-jährigen Premier darum, seine stark gefährdete Mehrheit im Parlament mit einer programmatischen Rede und einer Vertrauensabstimmung zu sichern. Die Mitte-Rechts-Koalition steht seit dem offenen Zerwürfnis zwischen Berlusconi und Fini Ende Juli auf der Kippe. Am Mittwoch hatte Berlusconi die von ihm selbst gestellte Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus mit 342 Ja- zu 275- Nein-Stimmen gewonnen. Wie im Abgeordnetenhaus setzte Berlusconi auch im Senat den Akzent auf fünf Kernanliegen seiner Mitte-Rechts-Koalition: Justizreform, Ausbau des Föderalismus, neue Infrastrukturprogramme für den armen Süden Italiens und Steuererleichterungen. Er wolle bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2013 weiterregieren, räumte aber auch ein, manchmal versucht zu sein, wegen des Streits alles hinzuschmeißen. Während Berlusconi das Abstimmungsergebnis vom Vortag positiv bewertete, sprachen Medien und Beobachter fast einstimmig von einem "Pyrrhussieg". So hätte der Regierungschef ohne die Stimmen von seinem Rivalen Fini und dessen in der neuen Fraktion "Zukunft und Freiheit für Italien" (FLI) versammelten Anhängern (34 im Abgeordnetenhaus und 10 im Senat) keine Mehrheit mehr gehabt.

(dpa)

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