Politik kompakt:London will Blair als EU-Ratspräsidenten

Lesezeit: 5 min

Tony Blair soll für das höchste Amt der EU kandidieren, Vermummte greifen Polizisten an und der Vorsprung von Schwarz-Gelb schmilzt.

Großbritannien will Tony Blair für das neugeschaffene Amt des Präsidenten des Europäischen Rates nominieren, wenn der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt. Laut einem Bericht des Guardian bestätigte Europaministerin Glenys Kinnock, dass die britische Regierung die Kandidatur des ehemaligen Premierministers unterstützen würde. "Viele sehen Blair als jemanden, der die Charakterstärke dafür hat", sagte Kinnock der britischen Zeitung.

Nach dem Willen der britischen Regierung soll Ex-Premier Tony Blair Präsident des Europäischen Rates werden. (Foto: Foto: AFP)

Derzeit rotiert der Vorsitz des europäischen Rates im Halbjahresrhythmus zwischen den Mitgliedsstaaten. Der laut EU-Vertrag gewählte Ratspräsident würde dagegen zweieinhalb Jahre im Amt bleiben. Danach könnte er sich einmal zur Wiederwahl stellen. Es wäre das höchste Amt innerhalb der EU. Sollten die Iren in der Volksabstimmung am 2. Oktober für den Vertrag stimmen, könnten sich die Staats- und Regierungschefs noch im Herbst für Blair entscheiden. Blair selbst hat noch keine Kandidatur angekündigt. Sein Sprecher sagte dem Guardian: "Der Job existiert nicht, also gibt es nichts, wofür man kandideren könnte."

_________________________________________________________________

Nach einem Überfall von rechtsgerichteten Schlägern auf einen Passanten in Berlin ist es in der Nacht zu schweren Ausschreitungen vor einem rechten Szenetreff im Stadtteil Friedrichshain gekommen.

Rund 60 Vermummte griffen eine Diskothek an, die als Treffpunkt von Rechtsgerichteten gilt, wie die Polizei mitteilte. Sie warfen Steine auf das Lokal, das allerdings geschlossen war. Die Randalierer gehören vermutlich der linken Szene an, sagte ein Sprecher der Polizei.

Beim Eintreffen der Polizei traten die Vermummten den Rückzug an. Mehrere Polizeiwagen wurden mit Steinen beworfen. Ein Dienstwagen wurde beschädigt und ein Beamter leicht verletzt, wie Polizeisprecher Klaus Schubert sagte.

Die Polizei hatte drei Hundertschaften in das Viertel geschickt. In den frühen Morgenstunden beruhigte sich die Lage wieder. Bei dem Überfall in der Nacht zum Sonntag war das Opfer schwer verletzt worden.

_________________________________________________________________

Vorsprung für Schwarz-Gelb schmilzt, SPD legt in Umfrage zu

Der Vorsprung für eine schwarz-gelbe Koalition nach der Bundestagswahl im September schmilzt. Nach einer Forsa-Umfrage hat die Union einen Punkt auf 36 Prozent verloren. Ihr Wunschpartner FDP büßte ebenfalls einen Punkt auf 14 Prozent ein. Zusammen kommen CDU, CSU und FDP nun auf 50 Prozent. Damit ist der Abstand zu SPD, Grünen und Linkspartei, der eine Woche zuvor noch neun Punkte betragen hatte, auf fünf geschrumpft.

Die SPD legte zwei Punkte zu auf 23 Prozent. Die Grünen schnitten mit zwölf Prozent einen Punkt schwächer ab, die Linkspartei legte einen Punkt auf zehn Prozent zu. Rechnerisch kämen SPD, Grüne und Linke zusammen auf 45 Prozent. Allerdings hat die SPD eine Koalition mit der Linkspartei auf Bundesebene ausgeschlossen. Die Sozialdemokraten setzen auf ein Bündnis mit den Grünen oder auf eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP.

Forsa hat im Auftrag von Stern und RTL vom 6. bis 10. Juli 2500 Bundesbürger befragt.

_________________________________________________________________

Palästinenserbehörde schließt Al-Dschasira-Büro

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat das Büro des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira in Ramallah schließen lassen. In einer Stellungnahme des Büros von Ministerpräsident Salam Fajad hieß es, der Grund sei Hetze gegen die Palästinenserbehörde von Präsident Mahmud Abbas und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO).

Al-Dschasira hatte am Montag über Vorwürfe berichtet, Abbas habe vor fünf Jahren mit dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon ein Komplott zur Ermordung des früheren Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat geschmiedet. Dies löste in der Autonomiebehörde einen Sturm der Entrüstung aus. Faruk Al-Kadumi, ein Mitglied des PLO-Exekutivkomitees, hatte während einer Pressekonferenz in Amman ein angebliches Transkript eines Treffens zwischen Abbas, dem Ex-Geheimdienstchef Muhammed Dahlan und Scharon vorgestellt.

In dem Gespräch im März 2004 sagte Scharon angeblich, Arafat müsse vergiftet werden. Arafat war damals in seinem von der israelischen Armee belagerten Hauptquartier in Ramallah eingeschlossen, im November starb er in Paris. Seitdem kursieren in den Palästinensergebieten Gerüchte, der Palästinenserführer sei von Israel vergiftet worden. Die Ärzte in Paris gaben jedoch an, sie hätten in Arafats Blut keine Spuren von Gift gefunden.

___________________________________________________________________

Weiterer Rücktritt in Brown-Regierung

Die Serie der Rücktritte aus der Regierung des britischen Premierministers Gordon Brown reißt nicht ab. Gesundheits-Staatssekretär Ara Darzi erklärte am Dienstagabend, in der kommenden Woche sein Amt abzugeben, um sich wieder seiner Arbeit als Mediziner und der Forschung widmen zu können.

Darzi wird der Regierung aber weiter als Berater zur Verfügung stehen, wie ein Sprecher von Downing Street Nummer 10 mitteilte. Darzi gehörte zu den Kabinettsmitgliedern ohne politische Erfahrung, die im Jahr 2007 als Experten zu der Regierungsmannschaft gestoßen waren.

Der Premierminister war im Juni nach einer Reihe von Rücktritten von Ministern und Staatssekretären in Bedrängnis geraten. Die Lage hatte sich zwischendruch wieder etwas beruhigt, Mitte vergangener Woche hat jedoch auch Außenstaatssekretär Mark Malloch-Brown seinen Rücktritt angekündigt.

_________________________________________________________________

Carstensen droht Stegner mit Ende der Koalition

Die Konflikte in der großen Koalition in Schleswig-Holstein verschärfen sich wieder. Angesichts neuer interner Streitigkeiten hat Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) laut einem Bericht des Flensburger Tageblatts mit dem vorzeitigen Ende des Bündnisses gedroht.

Die Zeitung zitiert aus einem Brief an SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner, in dem Carstensen eine endgültige Entscheidung für oder gegen die Koalition fordert. "Ich bitte kurzfristig um Klärung der Frage, ob Sie in dieser Form die letzten Monate in einer von unseren beiden Parteien getragenen Regierung weiter arbeiten wollen", heißt es dem Bericht zufolge in dem Schreiben.

Auslöser ist unter anderem der Konflikt um die Sonderzahlung von 2,9 Millionen Euro an den Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher. Stegner hatte am Dienstag bekräftigt, dass die SPD dem hochumstrittenen Bonus nicht zugestimmt habe. Dies gelte auch für Vize-Regierungschefin Ute Erdsiek-Rave und Innenminister Lothar Hay.

_________________________________________________________________

Iranerinnen demonstrieren vor deutscher Botschaft in Teheran

Rund 1.500 Iranerinnen haben nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Irna vor der deutschen Botschaft in Teheran demonstriert. "Tod den Feinden des Hidschab", riefen die Frauen am Dienstagabend unter Verweis auf das islamische Kopftuch, das auch die in einem Dresdner Gerichtssaal ermordete 31-jährige Ägypterin Marwa E. trug.

Zwei Tage zuvor hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben. Am Samstag hatten Demonstranten vor der deutschen Botschaft bereits "Angela schäme dich" und Hakenkreuze auf den Boden geschmiert.

Ahmadinedschad hat am Sonntag wegen der Ermordung von Marwa E. Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Deutschland gefordert. Der Vorfall sei ein Beweis für die "Brutalität der deutschen Regierung und ein absoluter Beweis für die Korruption des deutschen Justizsystems", sagte der iranische Präsident. Die Bundesregierung wies die Anschuldigungen zurück und erklärte, in Deutschland gebe es keinen Raum für Fremden- und Islamfeindlichkeit.

_________________________________________________________________

Al-Qaida ruft Muslime in Pakistan zum Kampf gegen USA auf

Das Terrornetzwerk Al-Qaida hat in Pakistan zum Kampf gegen den wachsenden US-Einfluss in der Region aufgerufen. In einer englischsprachigen Videobotschaft forderte Al-Qaida-Vizechef Aiman al-Sawahiri die Pakistaner zum Widerstand gegen den US-geführten "Kreuzzug" im eigenen Land und im benachbarten Afghanistan auf, wie das auf die Überwachung von radikalislamischen Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE am Dienstag (Ortszeit) mitteilte.

Die 49 Sekunden lange Botschaft an "Meine muslimischen Brüder und Schwestern in Pakistan" warne davor, dass die Einflussnahme der USA auf die pakistanische Politik und Armee das Land gefährdeten. Washington wolle Pakistans Untergang und die Zerstörung der islamischen Dschihad-Bewegung im Land. "Die Manipulationen der amerikanischen Kreuzfahrer an Pakistans Schicksal haben ein solches Ausmaß erreicht, dass es jetzt eine große Gefahr für Pakistans Zukunft und Existenz darstellt", zitierte SITE Sawahiri. Pakistan stecke tief in einem Kampf zwischen "islamischen Werten" und den US-geführten "Kreuzfahrern".

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: