Politik kompakt:Koalition diskutiert über Änderungen bei Praxisgebühr

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Fünf Euro für jeden Arztbesuch? Die Bild-Zeitung hatte berichtet, bei Gesundheitsökonomen und einigen Koalitionspolitikern gäbe es Überlegungen für eine stärkere Selbstbeteiligung der Patienten. Doch das Gesundheitsministerium dementiert entsprechende Pläne zur Umgestaltung der Praxisgebühr.

In der schwarz-gelben Koalition wird über eine Änderung der Praxisgebühr nachgedacht. Mehrere Koalitionspolitiker brachten am Samstag eine Reform ins Spiel, um die Zahl der Arztbesuche zu senken. Das Bundesgesundheitsministerium betonte aber, es habe noch keine konkreten Vorschläge vorgelegt, wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung der Praxisgebühr aussehen könnte. Sie beträgt derzeit zehn Euro pro Quartal.

Die Bild-Zeitung hatte berichtet, es gebe Überlegungen, die Abgabe künftig pro Arztbesuch zu erheben. Die Gebühr könnte bei bis zu fünf Euro liegen, sagten Gesundheitsökonomen dem Blatt. Der Kieler Sozialexperte Thomas Drabinski brachte sogar eine Selbstbeteiligung an den Behandlungskosten von bis zu zehn Prozent ins Gespräch.

Auch der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, sagte, "als Steuerungsinstrument für weniger Arztbesuche ist die Praxisgebühr gescheitert". Sie spüle aber immerhin jährlich etwa 2,8 Milliarden Euro ins Gesundheitssystem. Der FDP-Gesundheitsexperte Lars Lindemann sagte, die jetzige Praxisgebühr habe keinerlei steuernde Funktion. Auch der CSU-Politiker Johannes Singhammer erklärte: "Der Effekt, die Zahl der Arztbesuche zu dämpfen, ist mit der jetzigen Gebühr nicht erreicht worden."

Solche Ideen stammen nicht aus dem Gesundheitsministerium, betonte ein Ministeriumssprecher. Das Thema sei in der Koalition bislang noch nicht einmal beraten worden.

(Reuters/AFP)

In der Demokratischen Republik Kongo ist es nach der Wiederwahl des Präsidenten Kabila zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen, der Präsident der von Georgien abtrünnigen Republik Südossetien erklärt seinen Amtsverzicht und ein palästinensischer Demonstrant ist nach einem Einsatz der israelischen Streitkräfte im Westjordanland am Samstag an seinen Verletzungen gestorben. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Nach der Wiederwahl des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila ist es am Samstag zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen und Sicherheitskräften gekommen. Aus mehreren Städten der Demokratischen Republik Kongo wurden Schießereien gemeldet. Auch in der Hauptstadt Kinshasa waren Schüsse zu hören. Polizeichef General Charles Bisengimana räumte ein, dass es Unruhen gebe, die Lage sei aber unter Kontrolle.

Kabila war am Freitag zum Sieger der Präsidentenwahl ausgerufen worden. Nach Angaben der Wahlkommission vereinte Kabila knapp 49 Prozent der Stimmen auf sich, auf seinen Herausforderer entfielen demnach 32 Prozent. Die Opposition, die der Regierung Wahlfälschung vorgeworfen hat, nannte das Ergebnis inakzeptabel. Kabilas Herausforderer Etienne Tshisekedi erkannte das Ergebnis nicht an und erklärte sich selbst zum Präsidenten. Neben den Anhängern Tshisekedis haben auch internationale Wahlbeobachter Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung kritisiert.

Zu gewaltsamen Protesten gegen den Wahlausgang kam es auch in Brüssel. In der Hauptstadt der früheren Kolonialmacht Belgien leben viele Kongolesen. Demonstranten warfen Brandsätze auf Polizeiautos. Schaufensterscheiben wurden nach Polizeiangaben eingeschlagen. Etwa 200 Personen seien festgenommen worden.

(Reuters)

In der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien hat der russlandtreue Präsident Eduard Kokoity für diesen Samstagabend seinen Rücktritt angekündigt. Vorausgegangen war ein wochenlanger Streit über die für ungültig erklärte Präsidentenwahl in dem Gebiet, das von Russland als Staat anerkannt wird.

Er habe den Amtsverzicht mit der bei der Abstimmung erfolgreichen Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa vereinbart, sagte Kokoity der Agentur Interfax. Im Gegenzug sollen ihre Anhänger die Proteste in der Gebietshauptstadt Zchinwali einstellen. Laut der Vereinbarung darf die Ex-Bildungsministerin Dschiojewa bei der Wahlwiederholung im März 2012 wieder in dem Kaukasus-Gebiet antreten. Das Oberste Gericht hatte ihr den Sieg bei der Abstimmung am 27. November wegen angeblicher Verstöße aberkannt und eine erneute Kandidatur verboten.

Bis zur Neuwahl soll Regierungschef Wadim Browzew als Interimspräsident amtieren. Georgien hatte im Südkaukasuskrieg gegen Russland 2008 endgültig die Kontrolle über Südossetien und das ebenfalls abtrünnige Abchasien verloren. Die EU und die USA hingegen erkennen Wahlen in den Gebieten nicht an, die sie weiter als Teile Georgiens sehen.

(dpa)

Ein palästinensischer Demonstrant ist nach einem Einsatz der israelischen Streitkräfte im Westjordanland am Samstag an seinen Verletzungen gestorben. Augenzeugen zufolge war der 28-Jährige am Freitag von einer Tränengaskartusche im Gesicht getroffen worden, als er ein Militärfahrzeug mit Steinen bewarf.

Eine Sprecherin der israelischen Streitkräfte erklärte, der Zwischenfall in dem Dorf Nabi Sale werde untersucht. Bilder vom Ort des Geschehens zeigten, wie der Demonstrant hinter einem gepanzerten Fahrzeug herläuft. Später kommen Freunde auf ihn zu und bedecken sein blutüberströmtes Gesicht mit einem Schal.

Der 28-Jährige sei am Samstag in einem israelischen Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen, teilte ein pro-palästinensischer Aktivist mit. Im Gazastreifen wurde unterdessen ein zwölfjähriger Junge beerdigt, der am Freitag bei einem israelischen Luftangriff ums Leben gekommen sein soll.

(dapd)

Die pakistanischen Taliban sind nach eigenen Angaben in Friedensgesprächen mit der Regierung in Islamabad. Erstmals bestätigte ein namentlich genannter Führer der Extremisten die Verhandlungen. Kommandeur Maulvi Faqir Mohammad, der als stellvertretender Führer der Taliban gilt, sagte am Samstag, seine Männer hätten "Friedensgespräche mit relevanten Regierungsvertretern" geführt.

Im November hatten Extremisten und Geheimdienstmitarbeiter anonym erklärt, dass es Friedensverhandlungen gebe. Nach entsprechenden Berichten bestritten die pakistanische Regierung und das Militär allerdings Gespräche, auch ein Sprecher der Taliban dementierte. Beobachter gingen davon aus, dass sich die pakistanischen Taliban im vergangenen Jahr in konkurrierende Fraktionen aufgesplittert haben.

Von der pakistanischen Regierung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. In der Vergangenheit wurden Friedensvereinbarungen von den Aufständischen dazu genutzt, neue Kräfte zu sammeln und sich neu zu organisieren. Die pakistanischen Taliban haben Islamabad den Krieg erklärt und Hunderte blutige Selbstmordanschläge im ganzen Land verübt. Sie bieten Extremisten im Nachbarland Afghanistan Zuflucht.

(dapd)

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