Politik kompakt:Regierungsberater warnen vor längeren Atomlaufzeiten

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Experten sehen in einer Verlängerung der Atomlaufzeiten ein Investitionshindernis für erneuerbare Energien. Kurzmeldungen im Überblick.

Das wichtigste Beratergremium der Bundesregierung in Umweltfragen warnt die schwarz-gelbe Koalition mit Nachdruck vor einer Verlängerung der Atomlaufzeiten. "Längere Laufzeiten sind keine Brücke, sondern ein Investitionshindernis für die erneuerbaren Energien", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), Martin Faulstich, in Berlin. Der Plan für durchschnittlich zwölf Jahre längere Atomlaufzeiten stehe im Widerspruch zum angepeilten massiven Ausbau der erneuerbaren Energien: "Es besteht ein grundsätzlicher Konflikt zwischen der schwankenden Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien und den grundlastorientierten konventionellen Kraftwerken."

Kohle- und Kernkraftwerke könnten aufgrund ihrer technischen Eigenschaften die schwankende Einspeisung aus erneuerbaren Energien nicht flexibel genug ergänzen. Abregelungen und Abschaltungen von Kohle- und Kernkraftwerken würden bei fortschreitendem Ausbau der erneuerbaren Energien häufiger notwendig. "Dadurch sinkt ihre Auslastung", sagte Faulstich. Es erhöhe sich die Gefahr, dass sich die Bedingungen für Öko- Stromerzeugung verschlechtern. Statt den gefundenen gesellschaftlichen Konsens zur Kernenergie aufzukündigen und neue Investitionsunsicherheit zu schaffen, sollte die Bundesregierung ihre Kräfte auf die zukunftsweisenden Elemente des Energiekonzeptes in den Bereichen Klimaschutz und Effizienz konzentrieren, forderten die Regierungsberater.

(dpa)

Die Grünen erleben in der Wählergunst nach einer Forsa-Umfrage ein neues Rekordhoch.Der Ton zwischen China und Japan wird rauer und das Nahost-Quartett drängt Israel zu weiteren Friedensbemühungen. Weitere Kurzmeldungen im Überblick.

Erstmals seit ihrer Gründung haben die Grünen die SPD in einer Umfrage eingeholt. Wenn jetzt gewählt würde, könnten beide Parteien zusammen sogar auf eine absolute Mehrheit im Bundestag hoffen. Die CDU/CSU fiele dagegen unter 30 Prozent. Das ergab der vom Institut Forsa ermittelte stern-RTL-Wahltrend. Grüne und SPD liegen der Umfrage zufolge mit je 24 Prozent Kopf an Kopf. Während die SPD stagniert, legen die Grünen im Vergleich zur Vorwoche um zwei Prozentpunkte auf ein neues Rekordhoch zu.

Die Union fällt um einen Punkt auf 29 Prozent. Gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner FDP käme sie nur noch auf 34 Prozent und hätte keine Chance, ihre Regierungsmehrheit zu verteidigen. Noch dramatischer ist der Rückstand der Regierung, wenn man die dritte Oppositionspartei Die Linke einbezieht: Rot-Rot-Grün liegt danach mit 58 Prozent um 24 Prozentpunkte vor dem Regierungslager.

(dpa)

Der Streit zwischen China und Japan wegen eines inhaftierten Schiffskapitäns spitzt sich weiter zu. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao drohte Tokio mit weiteren Schritten, falls der Kapitän nicht sofort freigelassen werde. Japan trage "die volle Verantwortung für die Situation, und es wird alle Konsquenzen tragen", sagte Wen laut einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Aus Protest gegen die Haftverlängerung für den chinesischen Kapitän, der seit zwei Wochen in Japan festgehalten wird, hat Peking alle Kontakte mit Japan auf Ministerebene ausgesetzt. Auch ein geplantes Treffen zwischen Wen und dem japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan bei den Vereinten Nationen in dieser Woche wurde abgesagt.

Auslöser für die diplomatische Verstimmung ist die Festnahme des Kapitäns eines chinesischen Fischerboots im Ostchinesischen Meer. Er wurde am 7. September festgesetzt, nachdem sein Boot im Meer mit zwei japanischen Patrouillenbooten kollidiert war. Der Zwischenfall ereignete sich in der Nähe einer Inselgruppe, die die Japaner Senkaku und die Chinesen Diaoyu nennen. Die Inseln werden von Japan verwaltet, aber auch von China und Taiwan beansprucht.

(dapd)

Die internationalen Vermittler im Nahost-Konflikt haben Israel aufgefordert, den Baustopp von Siedlungen im Westjordanland zu verlängern. Das Ende des Monats auslaufende Moratorium habe einen positiven Einfluss gehabt, hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des aus den USA, Russland, der EU und den UN bestehenden Nahost-Quartetts. Die Beteiligten wurden aufgefordert, "gemeinsam einen Weg zu finden, der sicherstellt, dass die Verhandlungen in einer konstruktiven Weise fortgeführt werden." Israelis und Palästinenser bemühen sich derzeit, binnen eines Jahres ein Friedensabkommen zu schließen. Der Siedlungsbau ist eines der Hauptprobleme.

(Reuters)

Bei einem Bombenanschlag auf eine Militärparade sind im Nordwesten Irans mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. 30 weitere wurden verletzt, zum Teil lebensgefährlich, berichteten die staatlichen Medien unter Berufung auf den Provinzgouverneur. Die Bombe explodierte in einer Tasche, die etwa 50 Meter von dem Paradegrund in der Stadt Mahabad abgestellt worden war. Unter den Getöteten waren die Ehefrauen zweier hochrangiger Generäle. Soldaten wurden nach Angaben des Gouverneurs nicht verletzt. Am Mittwoch jährte sich der Beginn des iranisch-irakischen Kriegs von 1980 bis 1988 zum 30. Mal. Deswegen gab es im ganzen Land Militärparaden.

(dpa)

Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wird am Rücken operiert. Der Eingriff, bei dem ein Knorpelteilchen an einer Bandscheibe entfernt wird, sollte am Mittwoch erfolgen, wie Kochs Sprecher in Wiesbaden mitteilte. Er bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung. Koch bleibe nach dem Angriff noch einige Tage in der Frankfurter Uniklinik. Ein Rehabilitationsaufenthalt sei nicht geplant.

Koch will am 4. Oktober pünktlich zu seiner Buchvorstellung in Berlin wieder genesen sein. Dann präsentiert er zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein 220-Seiten-Werk Konservativ.

(dapd)

Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister hat CDU und CSU vor einem Rechtsruck gewarnt. "Die Union ist klug beraten, Volkspartei der Mitte zu bleiben und von der Mitte aus nach rechts zu integrieren", sagte McAllister am Mittwoch bei der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz.

"Wer der CDU einseitig ein konservatives Profil verordnen will, der nimmt billigend oder möglicherweise wohlwollend in Kauf, dass wir uns von bestimmten Wählern verabschieden." Der als Kind deutsch-schottischer Eltern geborene CDU-Politiker fügte hinzu: "Es sprach der liberale Norddeutsche mit Migrationshintergrund."

(dpa)

Soldaten der Bundeswehr haben in der afghanischen Provinz Kundus einen Anführer der radikal-islamischen Taliban festgenommen. Der hochrangige Extremist Maulawi Roshan werde mit mehreren Anschläge gegen die internationale Truppe Isaf und afghanische Ziele in der Region in Zusammenhang gebracht, teilte die Bundeswehr mit. Roshan, der enge Verbindungen zur Taliban-Führung im benachbarten Pakistan unterhalte, sei bereits am Dienstag von deutschen Spezial- und afghanischen Sicherheitskräften aufgespürt worden. Bei seiner Ergreifung habe es keine Verletzten gegeben.

(Reuters)

Die Vereinten Nationen wollen die Gesundheitsversorgung von Frauen und Kindern mit einem milliardenschweren Hilfspaket verbessern. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sollte die 40-Milliarden-Dollar-Initiative am Mittwoch zum Abschluss des Millenniumsgipfels in New York vorstellen, wie einer seiner Berater mitteilte. Ziel sei es, in den kommenden fünf Jahren das Leben von 16 Millionen Frauen und Kindern zu retten. Dazu seien zwar eigentlich insgesamt 169 Milliarden Dollar nötig, doch das jetzt geschnürte Paket solle weitere Zusagen nach sich ziehen. An der Hilfe beteiligen sich Regierungen, Stiftungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen.

Das Projekt soll die am langsamsten vorankommenden Bereiche der vor zehn Jahren gesteckten Millennium-Entwicklungsziele für das Jahr 2015 ankurbeln: die Kinder- und Müttersterblichkeit. Die Vereinten Nationen versprechen sich davon zugleich Fortschritte im Kampf gegen die Armut und eine Förderung des Wirtschaftswachstums.

(Reuters)

Die Furcht der französischen Behörden vor einem Terroranschlag hat laut dem nationalen Polizeichef einen Höhepunkt erreicht. Die größte Bedrohung gehe vom nordafrikanische Zweig des Terrorornetzwerks al-Qaida aus, sagte Frédéric Péchenard dem Radiosender Europe 1. Die Organisation plane womöglich einen Bombenanschlag auf einen belebten Ort. Die Möglichkeiten zu einem atomaren oder biologischen Angriff fehlten al-Qaida aber wahrscheinlich.

Al-Qaida im Maghreb hat bereits die Verantwortung für die Entführung von sieben Menschen vergangene Woche in Niger übernommen, fünf davon sind Franzosen.

(dapd)

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen für weitere Bemühungen zur nuklearen Abrüstung geworben. "Wir Deutsche hoffen und setzen darauf, dass diese Vollversammlung der Vereinten Nationen sich vor allem dem Ziel der Entwicklung, des Friedens und der Sicherheit in der Welt verschreibt", sagte der FDP-Politiker am Mittwoch vor einem Treffen des NATO-Russland-Rats in New York. "Das ist aus unserer Sicht eine klare Priorität." Je mehr Staaten über Atomwaffen verfügten, umso größer werde die Gefahr, dass diese auch Terrorgruppen in die Hände fallen, betonte er. Westerwelle betonte, dass US-Präsident Barack Obama das Thema Abrüstung durch die Vision von einer nuklearfreien Welt zu seiner eigenen, höchstpersönlichen Sache gemacht habe. Dadurch gebe es nach dem vergangenen Jahrzehnt der Stagnation jetzt die Chance, ein Jahrzehnt der Abrüstung einzuleiten. Die Gründe der einzelnen Staaten abzurüsten, seien dabei zweitrangig. Bei manchen sei es nach der Finanzkrise "der Druck der leeren Kassen". Am Abend wollte der Außenminister gemeinsam mit anderen Staaten wie Australien, Japan, Chile und Polen eine neue Abrüstungsinitiative starten. Zuvor wollte der Vizekanzler bei Gesprächen mit den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China über den Atomstreit mit dem Iran beraten. Er verteidigte die schärferen Sanktionen an das Land als "klare Botschaft", dass Teheran wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren müsse. Dies sei bei der iranischen Führung gehört worden, betonte er. Westerwelle fügte hinzu, der Iran habe das Recht, Atomenergie zivil zu nutzen, aber die Pflicht transparent zu machen, dass es kein atomares Bewaffnungsprogramm in dem Land gebe. Am Dienstagabend (Ortszeit) hatte Westerwelle bereits gemeinsam mit EU-Amtskollegen und US-Außenministerin Hillary Clinton über den Umgang mit dem Iran beraten.

(dapd)

Im Rennen um die immensen Rohstoffvorkommen im Eismeer hat Russland auf einer internationalen Arktis-Konferenz in Moskau erneut seinen Anspruch bekräftigt. Ziel sei in erster Linie die friedliche Erschließung der Ressourcen auf Grundlage wissenschaftlicher Forschungen und politischer Verhandlungen, sagte der Arktis-Beauftragte des Kreml, Artur Tschilingarow, am Mittwoch. Der Direktor des Forschungsinstituts für Ozeangeologie, Waleri Kaminski, warb für die zügige Ausbeutung der Vorräte. Bis 2020 könne Russland in der Arktis rund 100 Millionen Tonnen Erdöl sowie etwa 150 Milliarden Kubikmeter Erdgas fördern, sagte Kaminski. Auf dem erstmals organisierten Forum wird an diesem Donnerstag Regierungschef Wladimir Putin erwartet. Die russische Führung hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie ihre Ansprüche auf Teile des Territoriums notfalls auch militärisch durchsetzen werde. So hat Russland etwa in einem Dokument über seine Arktis-Politik bis 2020 die Stationierung von Streitkräften in der Region angekündigt. Ziel sei aber nicht die Militarisierung, sagte der russische Botschafter im zwischenstaatlichen Arktischen Rat, Anton Wassilijew. Bislang sei lediglich geplant, "die materielle Basis, die für die Sicherheit vor allem des Schiffsverkehrs nötig ist, zu festigen". Russland wolle "konfliktfrei" mit den USA und Kanada sowie anderen Anrainern zusammenarbeiten. Russland habe einen "natürlichen Anspruch" auf das Gebiet, betonte der Kreml-Berater für Klimafragen, Alexander Bedrizki. "Im russischen Arktis-Sektor leben rund 1,5 Prozent der Bevölkerung des ganzen Landes. Das ist im Vergleich mehr als in den Polargebieten anderer Anrainerstaaten." Aus der Arktis, in der bis zu 25 Prozent der weltweiten Öl- und Gasreserven liegen, stamme mehr als ein Fünftel aller russischen Exporte, unterstrich Bedrizki. Spätestens 2014 will Russland einen Antrag mit neuen Forschungsergebnissen bei den Vereinten Nationen einreichen und so belegen, dass der Meeresboden eine natürliche Verlängerung des russischen Festlandes sei und Moskau dort Rohstoffe abbauen dürfe. "Um die wirtschaftliche Sicherheit Russlands auch in Zukunft zu gewährleisten, müssen wir klarstellen, dass der Festlandsockel uns gehört", hatte Tschilingarow vor Beginn des Forums gesagt. Russland fordert einen 1,2 Millionen Quadratkilometer großen Teil der Arktis einschließlich des Nordpols. Vor drei Jahren, am 2. August 2007, hatte das Riesenreich seine Ansprüche durch Aufstellen einer Flagge am Nordpol in mehr als 4000 Metern Meerestiefe zementieren wollen. Erst vor kurzem waren ein russischer Atomeisbrecher sowie ein Forschungsschiff in die Arktis ausgelaufen. Bei der größten russischen Expedition dieser Art seit zehn Jahren will Moskau Daten für seinen UN-Antrag sammeln. Russland intensiviert seinen Kampf um die "Vorratskammer" Arktis zunehmend. Auf der Moskauer Konferenz diskutieren mehr als 400 Experten aus 15 Ländern auch über die dramatischen Folgen des Klimawandels und die Auswirkungen für die Bewohner.

(dpa)

Bei einem Piratenüberfall vor der nigerianischen Küste sind nach Angaben des französischen Unternehmens Bourbon drei seiner Mitarbeiter entführt worden. Die "Bourbon Alexandre" sei am Dienstagabend oder frühen Mittwochmorgen angegriffen worden, teilte das Unternehmen auf seiner Website mit. Zu dem Überfall auf die Franzosen bekannte sich zunächst niemand. Das Außenministerium in Paris erklärte, es sei darüber informiert, nannte aber keine weiteren Einzelheiten.

(dapd)

Ein Ausschuss des UN-Menschenrechtsrats hat wegen des Angriffs israelischer Streitkräfte auf die Gaza-Hilfsflotte schwere Vorwürfe erhoben. So habe Israel während und nach der Aktion im Mai gegen internationales Recht, inklusive "internationales Völkerrecht und Menschenrecht", verstoßen. Zudem sei die Seeblockade des Palästinensergebietes angesichts der dortigen humanitären Krise zu jener Zeit rechtswidrig gewesen. Das Vorgehen der israelischen Streitkräfte sei unverhältnismäßig gewesen und habe "ein nicht zu akzeptierendes Maß an Brutalität erkennen lassen", schreibt der dreiköpfige Ausschuss in seinem am Mittwoch vorgelegten Bericht. Bei dem Angriff auf die Flotte wurden acht türkische und ein türkisch-amerikanischer Aktivist getötet. Israel erklärt, die Soldaten hätten sich selbst verteidigt.

(AP)

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