Politik kompakt:Unionsspitzen beschließen Ausstieg aus Wehrpflicht

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Die Union bewegt sich: Die Parteispitzen stimmen den Reformplänen von Verteidigungminister zu Guttenberg zu, die eine Aussetzung der Wehrpflicht vorsehen.

Die Kurzmeldungen im Überblick

Die Parteispitzen von CDU und CSU haben sich in einem historischen Schritt für die Aussetzung der Wehrpflicht ausgesprochen. Bei einer gemeinsamen Sitzung stellten sich die Unions-Führungsgremien am Sonntag in Berlin nach Teilnehmerangaben einvernehmlich hinter entsprechende Pläne von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Bald nur noch Berufssoldaten in den Reihen der Bundeswehr: Die Unionsspitzen haben sich darauf geeinigt, die Reformpläne von Verteidigungsminister zu Guttenberg zu unterstützen - eine Aussetzung der Wehrpflicht wird also kommen. (Foto: dpa)

Sie erarbeiteten eine gemeinsame Empfehlung für die Parteitage im Oktober und November. Die Wehrpflicht gehört bisher zu traditionellen Säulen der Unionspolitik. Sie soll für Notfälle im Grundgesetz verankert bleiben. Mit der Entscheidung der Präsidien ist so gut wie sicher, dass künftig erstmals seit 53 Jahren keine jungen Männer mehr zur Bundeswehr eingezogen werden. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sagte vor der Sitzung: "Wir glauben, dass es wichtig ist, dass die Präsidien gemeinsam eine Richtungsentscheidung auch vorgeben oder anregen, damit die Mitglieder unserer Parteien dann auch in der Lage sind, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen."

Die CSU fordert bei der Bundeswehr-Reform unter anderem Ausgleichsmaßnahmen für mögliche Standortschließungen. Guttenberg will die Wehrpflicht aussetzen, um sie für moderne Anforderungen fit zu machen. Geplant ist, die Truppe von derzeit 250.000 Soldaten auf etwa 180.000 bis 190.000 Soldaten zu verkleinern. CSU-Chef Horst Seehofer hatte erst vor kurzem nach großen Bedenken eingelenkt und einer Aussetzung der Wehrpflicht zugestimmt.

Die Führungsgremien sprachen sich nicht für eine konkrete Zahl an Soldaten aus. Sie forderten aber, dass eine wesentlich größere Truppenstärke erforderlich sein wird als die absolute Untergrenze von 163.500. Merkel sagte, die Union werde im Zusammenhang mit der Bundeswehrreform sehr intensiv über die sicherheitspolitischen Anforderungen und die dazugehörige Wehrform sprechen.

(dpa)

FDÖ gewinnt in der Steiermark stark dazu, China und Russland demonstrieren bisher ungekannte Einigkeit und in Venezuela gerät eine Parlamentswahl zu einem Referendum über den Präsidenten Chávez: Lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den nächsten Seiten.

Die rechtspopulistische Freiheitliche Partei hat bei der Landtagswahl in der österreichischen Steiermark ihren Stimmenanteil auf rund elf Prozent verdoppelt. Die Sozialdemokraten (SPÖ), die in dem Bundesland seit 2005 regieren, blieben am Sonntag trotz Verlusten knapp vor der konservativen Volkspartei ÖVP.

In einer Hochrechnung des Österreichischen Rundfunks ORF mit fast 90 Prozent der ausgezählten Stimmen kam die SPÖ auf 38,6 Prozent. Auf die ÖVP entfielen 37, 2 Prozent. Bei der Wahl des Landeshauptmanns (Ministerpräsidenten) könnten die Rechtspopulisten der Königsmacher sein. Mit der FPÖ hätten die beiden anderen Parteien eine Mehrheit. Das Buhlen um die Unterstützung durch die FPÖ könnte auch Sprengkraft für die große Koalition aus SPÖ und ÖVP auf Bundesebene entwickeln.

In dem südlichen Bundesland hatte die SPÖ 2005 einen ihrer größten Wahlerfolge gefeiert, als sie die ÖVP überholte, die dort zuvor über Jahrzehnte die bestimmende Kraft gewesen war. Im Wahlkampf hatte die FPÖ mit einem Online-Spiel für Aufregung gesorgt. Darin konnten Spieler auf Minarette und Moscheen zielen. Nach einer Anzeige durch die Grünen verbot die Staatsanwaltschaft das Spiel und nahm Ermittlungen wegen Verhetzung auf. Rund eine Million Bürger waren zur Wahl aufgerufen.

(dpa)

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stößt mit Plänen für neue Sicherheitsgesetze auf heftigen Widerstand beim Koalitionspartner FDP. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wandte sich am Sonntag klar gegen erweiterte Befugnisse für Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden zur Terrorbekämpfung.

Die FDP-Bundestagsfraktion und die FDP-Bundesminister täten alles, "damit es nicht neue, verschärfte Sicherheitsgesetze gibt", sagte die bayerische FDP-Vorsitzende am Sonntag auf einem Landesparteitag in Kulmbach. Sie verwies darauf, dass die nach langem Streit beschlossenen Befugnisse bei der Online-Durchsuchung von Computern kein einziges Mal angewandt worden seien. Dies zeige, dass es keine Sicherheitslücken gegeben habe.

Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 waren in Deutschland zwei Anti-Terrorpakete und diverse Sicherheitsgesetze erlassen worden. FDP-Generalsekretär Christian Lindner hatte bereits am Samstag deutlich gemacht, dass neue Sicherheitsgesetze mit den Liberalen nicht zu machen seien. Man dürfe nicht die Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgeben, sagte er in Kulmbach. Nötig sei ein Rechtsstaat, "der Maß und Mitte behält". Lindner betonte, mit der FDP und ihrer Bundesjustizministerin sei eine "Trendumkehr" in der Innen- und Rechtspolitik erfolgt.

Anlass für Leutheusser-Schnarrenberges Klarstellung waren Berichte, wonach ihr Kabinettskollege Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) neue Gesetze plane. Dazu gehören laut Welt erweiterte Befugnisse für Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden. Außerdem wolle der Innenminister zahlreiche befristete Vorschriften verlängern, die sonst 2012 ausliefen.

(dpa)

Anschlägen in Afghanistan haben am Wochenende fünf NATO-Soldaten das Leben gekostet. Zwei wurden am Sonntag bei der Explosion einer selbst gebauten Bombe im Süden des Landes in den Tod gerissen, wie das Militärbündnis mitteilte. Am Samstag kamen zwei Soldaten bei einer Bombenexplosion im Osten und ein weiterer bei einem Anschlag im Süden ums Leben.

Mit 536 getöteten Soldaten ist dieses Jahr schon jetzt das bislang verlustreichste für die internationalen Truppenam Hindukusch seit Kriegsbeginn 2001, bereits jetzt starben 15 Soldaten mehr als im gesamten Jahr 2009. Das ergab eine Auswertng der Internetseite icausalties.org. Die USA und ihre Nato-Partner haben in Afghanistan insgesamt rund 150.000 Soldaten stationiert.

(AFP/dapd)

China und Russland haben sich zum Auftakt eines dreitägigen Besuchs von Kremlchefs Dmitrij Medwedjew äußerst zufrieden über ihre Zusammenarbeit geäußert. Sie sei besser als je zuvor. In einem Interview mit dem Parteiorgan Renmin Ribao (Volkszeitung) sprach Medwedjew von einer "konstruktiven Kooperation" und einem bislang nicht dagewesenen gegenseitigen Vertrauen. Sein dreitägiger Besuch werde "einen neuen Horizont eröffnen".

Ähnlich zeigte sich Chinas Außenminister Yang Jiechi in einem Interview mit Russlands Nachrichtenagentur Itar-Tass sehr zufrieden über das "gesunde und stabile" Verhältnis mit Moskau, das ein bislang ungekanntes Niveau erreicht habe. Der rege Austausch zwischen China und Russland auf verschiedenen Ebenen habe eine "solide Grundlage für die bilaterale Kooperation" gelegt, sagte Yang Jiechi.

Bei seinem zweiten Staatsbesuch in China seit dem Amtsantritt 2008 wird Medwedew am Montag in Peking von Staats- und Parteichef Hu Jintao empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen internationale Fragen wie die Atomstreitigkeiten mit Nordkorea und dem Iran sowie der Ausbau der Kooperation mit China im Energiebereich stehen. Mehrere Abkommen werden unterzeichnet. Zum Abschluss wird Medwedew am Montagabend nach Shanghai reisen, wo am Dienstag auf der Weltausstellung der Russland-Tag begangen wird. In der Hafenstadt kommt es auch zu einem Treffen mit Vizepräsident Xi Jinping, der als voraussichtlicher Nachfolger von Präsident Hu Jintao nach 2012 gilt.

(dpa)

Mehr als 17 Millionen Menschen in Venezuela haben am Sonntag über ein neues Parlament abgestimmt. Die Wahl galt auch als Referendum über Staatschef Hugo Chávez, der seit fast zwölf Jahren an der Macht ist. Trotz zuletzt gesunkener Umfragewerte ist er rund zwei Jahre vor der nächsten Präsidentenwahl noch immer der beliebteste Politiker im Land.

Bei der Parlamentswahl am Sonntag gehe es um mehr Demokratie, sagte der Oppositionskandidat Stalin González. Seit dem Boykott der letzten Wahl 2005 durch die Oppositionsparteien wegen möglicher Unregelmäßigkeiten hatten Chávez und seine Partner fast die vollständige Kontrolle im Parlament. Die Abgeordneten hätten in den vergangenen fünf Jahren nur noch Anweisungen des Präsidenten angenommen, kritisiert die Opposition. "Alles ist unter seiner Kontrolle, und er entscheidet alles", erklärte ein weiterer Oppositionskandidat, Julio Borges. "Das ist keine Demokratie."

Chávez warf der Opposition vor, lediglich als Handlanger der Reichen im Land und der US-Regierung zu dienen. "Ich will, dass wir die Wahl mit einem Knock-out gewinnen", sagte er vor jubelnden Anhängern. Sein Porträt war auf allen Wahlplakaten von Kandidaten seiner Sozialistischen Partei zu sehen, so dass die eigentlichen Bewerber fast in den Hintergrund gerückt wurden.

Anhänger der Regierung kritisierten die Opposition zudem dafür, dass sie kein konkretes Konzept als Alternative zum "Chavismo" habe. Die Wahllokale sollten um 18.30 Uhr Ortszeit (00.30 Uhr MESZ) schließen. Erste Ergebnisse wurden für die Nacht zum Montag erwartet.

(AP)

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