Polit-Spektakel in Passau:"Wir sind Stoiber"

Lesezeit: 2 min

Der Aschermittwoch soll zum Abschiedsfest für den CSU-Chef werden. Einer der Bewerber um seine Nachfolge wird jedoch nicht dabei sein: Seehofer sagte überraschend ab.

Kassian Stroh

Da die CSU-Spitze neuerdings ganz genau auf ihre Basis hört, hat sie sich für den Politischen Aschermittwoch diesmal etwas Neues ausgedacht. Per E-Mail konnten Mitglieder Vorschläge für Transparente einschicken, die dann gedruckt und an den Wänden der Passauer Dreiländerhalle aufgehängt werden (was zudem die Vorauswahl nicht genehmer Sprüche durch die CSU-Oberen deutlich erleichtert).

Wie ein Parteisprecher sagt, wurden gut drei Dutzend Vorschläge eingereicht, etwa die Hälfte davon für gut befunden. "Einer der allerschönsten", eingereicht von einem CSU-Mitglied aus dem Kreis Straubing-Bogen: "Wir sind Stoiber".

Das trifft die Stoßrichtung der CSU-Strategen ganz gut, denn der Aschermittwoch soll heuer ein einziges, großes "Stoiber-Festival" werden, verkündet CSU-Generalsekretär Markus Söder. Der scheidende Parteichef soll bei seinem mutmaßlich letzten Passau-Auftritt für seine Verdienste gefeiert werden.

"Sehr wertkonservative Ausrichtung"

"Danke, Edmund!" - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Vorschläge für die Jubeltransparente. Nach dessen Rückzugsankündigung im Januar soll die anfangs eher lahme Nachfrage nach Passau-Tickets sprunghaft gestiegen sein. Stoiber wiederum wird dort, so viel lässt sich im Vorfeld schon heraushören, quasi sein politisches Vermächtnis formulieren. Familie, Heimat, Nation, RAF-Terroristen - eine "sehr wertkonservative Ausrichtung" verspricht Söder für den Aschermittwoch.

Stoiber sei ja schließlich der letzte große deutsche Konservative und Passau "das Mekka der Konservativen". Schließlich treibt viele in der CSU um, wie sich ihre Partei in der großen Koalition ein eigenes Profil erhalten könne - und ob das Konservative bei der Schwesterpartei CDU nicht doch ein bisschen zu kurz komme in letzter Zeit.

Doch so sehr die CSU am Mittwoch ein Stoiber-Hochamt zelebrieren möchte, so sehr wird sich alle Aufmerksamkeit auf den Zweikampf um die Nachfolge im CSU-Vorsitz konzentrieren. Der Kandidat Erwin Huber hat in Passau Heimvorteil - als niederbayerischer CSU-Chef darf er wie immer ein Grußwort sprechen.

Sein Kontrahent, Horst Seehofer, hingegen hätte nur dasitzen und zuhören dürfen. Gleichwohl schien ihm der in der CSU-Diktion "größte Stammtisch der Welt" so wichtig zu sein, dass er nach Jahren erstmals wieder zu einem Aschermittwoch nach Passau anreisen wollte. Doch am Montagnachmittag entschied er sich überraschend um und bleibt nun ohne Angabe von Gründen zu Hause.

Zumindest die alljährlich nach Passau pilgernde Delegation der CDU aus dem niedersächsischen Peine hätte der Bundesminister auf seiner Seite gehabt. Als CSU-Chef befürworteten sie Seehofer, seines bundespolitischen Gewichts wegen, sagt ihr Reiseleiter Martin Olbrich. Was nicht so viel heißt, da er im vergangenen Jahr noch Söder als Nachfolger Stoibers empfahl. Wehmut empfindet Olbrich beim Abschied von Stoiber nicht. Seinen Niedergang habe er sich selber eingebrockt, sagt er: "Seine Flucht aus Berlin - da hat er völlig versagt."

© SZ vom 20.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: