Pipeline:Graben in der Union

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Baustelle kurz vor der Fertigstellung: Gasrohre in Brandenburg. (Foto: Imago)

Ostdeutsche Politiker sehen Nord Stream 2 ganz anders als Berlin; Sachsens Ministerpräsident attackiert deshalb Außenminister Maas.

Von Daniel Brössler, Berlin

Der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 hat schon zu vielen Konflikten geführt. Innerhalb der Europäischen Union etwa. Polen und die baltischen Länder fürchten eine Schwächung der Ukraine und haben versucht, das von der Bundesregierung unterstützte Vorhaben zu verhindern. Auch das transatlantische Verhältnis wird durch die Röhre zusätzlich belastet, weil Deutschland und die EU die von den USA verhängten Sanktionen als Einmischung in ihre Energiepolitik ablehnen.

In Deutschland kommen nun aber weitere Konfliktlinien hinzu. So wird etwa in der Union in der Frage eine West-Ost-Spaltung sichtbar. Die CDU-Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer haben sich gemeinsam mit ihren Kollegen von SPD und Linkspartei an die Spitze jener gestellt, die es scharf ablehnen, wegen der Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny einen Stopp des Pipeline-Baus auch nur in Erwägung zu ziehen. Vergangene Woche hatten die Ost-Regierungschefs "Einigkeit" bekundet, dass der Bau vollendet werden müsse.

Unmut hat nun vor allem Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mit einer Philippika gegen Außenminister Heiko Maas (SPD) und sein Agieren im Fall Nawalny hervorgerufen. Es dürfe nicht darum gehen, die Eskalation mit Russland immer weiter zu drehen, sagte Kretschmer am Wochenende auf dem Thüringer CDU-Landesparteitag und griff Maas frontal an: "Dass dieser derzeitige Bundesaußenminister, von dem man sonst nie was hört, so durchdreht, ist aus meiner Sicht auch kein gutes Zeichen für Deutschland." Tatsächlich attackierte er damit auch Kanzlerin Angela Merkel, die von einem Verbrechen gesprochen hatte, das Russland aufkläre müsse. "Außenminister Maas agiert und äußert sich in voller Übereinstimmung mit der CDU/CSU-Fraktion zum Fall Nawalny", sagte dazu Johann Wadephul, einer der Vizechefs der Bundestagsfraktion, der Süddeutschen Zeitung. Es handele "sich übrigens um einen russischen Rechtsfall, denn dort ist das ungeheuerliche Verbrechen geschehen und dort muss endlich aufgeklärt werden".

Umstritten ist die Zukunft von Nord Stream 2 auch unter den Bewerbern um den CDU-Vorsitz. Der Außenpolitiker Norbert Röttgen fordert einen Stopp, um Kremlchef Putin ein klares Signal zu senden. Sein Konkurrent Friedrich Merz spricht sich für einen zweijährigen Baustopp aus. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet warnt indes vor einem deutschen "Alleinweg" und steht zur Vollendung der Pipeline.

© SZ vom 22.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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