Patrick Buisson berät französischen Präsidenten:Sarkozys kalter Stratege

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"Eine Präsidentenwahl entscheidet sich nicht in der Mitte, sondern im Volk", so Patrick Buisson, und das Volk leide an den Immigranten und am Sozialdumping. Der 63-Jährige ist derzeit Sarkozys einflussreichster Berater - und verantwortlich für den Rechtskurs des französischen Staatschefs.

Stefan Ulrich, Paris

Für die einen ist er der brillante Geist, für die anderen das unheilvolle Gespenst im Élysée. Wenn der Mann mit dem kahlen Schädel und der Intellektuellenbrille durch die Flure des Palasts streicht oder im Grünen Salon seine schneidenden Analysen zum Wahlkampf in Frankreich abgibt, merkt alles auf im Umkreis des Staatspräsidenten. Denn Patrick Buisson ist derzeit dessen einflussreichster Berater. Er hat Nicolas Sarkozy 2007 zum Sieg verholfen und soll dieses Kunststück jetzt wiederholen. Buissons Strategie bleibt dabei dieselbe: ein schneidiger Rechtskurs.

"Eine Präsidentenwahl entscheidet sich nicht in der Mitte, sondern im Volk", sagt der Journalist, Meinungsforscher und Politikberater, der am Donnerstag 63 Jahre alt wird. Das Volk habe genug von der "Ideologie der Entgrenzung". Es leide an den Immigranten, der Verlagerung französischer Fabriken ins Ausland und am Sozialdumping, das die Globalisierung erzwinge. Sarkozy müsse daher der "Kandidat der Grenzen" sein und die nationale Souveränität in den Mittelpunkt seiner Kampagne stellen.

Der Kandidat folgt diesen Ratschlägen. Wenn er ankündigt, die Zahl der Immigranten zu halbieren, den grenzkontrollfreien Schengenraum notfalls im Alleingang zu suspendieren und die Industrie vor "illoyaler" ausländischer Konkurrenz zu schützen, dann steckt dahinter sein Polit-Guru Buisson. Die beiden scheinen sich gut zu ergänzen. Hier der heißblütige Instinktpolitiker - dort der kalte Stratege.

Buisson begann seine Karriere ganz rechts außen

Es ist ein weiter Weg, der den Pariser Ingenieurssohn Buisson ins Herz der Republik, in den Élysée, geführt hat. Er begann seine Karriere ganz rechts außen. Als Schüler erregte er Aufsehen, als er sich weigerte, während einer Schweigeminute für die Opfer rechtsterroristischer Algerienfranzosen aufzustehen. Später engagierte er sich in ultrarechten Studentenorganisationen und als Journalist für radikale Zeitungen. Von 1981 bis 1987 leitete er das rechtspopulistische Wochenblatt Minute. Danach trat er in Polit-Talkshows im Fernsehen auf und gründete die Beratungsfirma Publifact, die er heute ebenso leitet wie den Geschichtssender "Histoire".

Sarkozy geriet 2005 in den Bann dieses erzkatholischen Apologeten französischer Grandeur. Buisson sagte ihm damals voraus, beim Volksentscheid über den europäischen Verfassungsvertrag werde das Nein mit 55 Prozent siegen. "Falls ich mich täusche, so bitte ich Sie, mich nie wieder zu empfangen." Doch die Franzosen stimmten zu exakt 55 Prozent mit Nein. Buisson wurde daraufhin einer der Macher von Sarkozys Wahlkampf des Jahres 2007. Er riet dem Kandidaten, den Franzosen ein Ministerium für "nationale Identität" zu versprechen und im Stimmenrevier des rechtsextremen Front National zu wildern. Mit Erfolg.

Zum Dank machte der neue Staatschef Buisson zum Ritter der Ehrenlegion. Zudem bot er ihm einen einflussreichen Job im Élysée an. Doch Buisson wollte unabhängig bleiben. "Distanz schafft Einfluss", sagte er. Das hinderte ihn nicht, den Präsidenten mit seiner Firma Publifact zu beraten. Der Rechnungshof bemängelte die immensen Honorare. Heute ist Buisson, der in Paris auch "Fantômas" genannt wird, pausenlos im Élysée zu Gange. Sarkozy bespricht sich mit ihm jeden Tag. Das ärgert all jene Berater, die dem Präsidenten empfehlen, einen Kurs der Mitte zu fahren. Doch Buisson setzt sich durch. Er rät dem Kandidaten, das Volk bei seinem Patriotismus zu packen. Prompt rühmte Sarkozy jetzt Napoleons Sieg in der Schlacht von Austerlitz. Buissons Kritiker im Präsidentenlager befürchten jedoch, diese Strategie werde in einem Waterloo enden.

© SZ vom 18.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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